Frankfurt – Neue Daten des Statistischen Bundesamtes und Einschätzungen der Bundesbank deuten auf eine weiter hohe oder sogar steigende Inflationsrate. Nach Angaben der Statistiker sind die Erzeugerpreise und damit die Preise für Industrieprodukte im Januar um 25 Prozent gestiegen. Das war der höchste Anstieg seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949. Haupttreiber seien die Energiepreise gewesen. Erdgas, Strom und Öl waren im Januar um zwei Drittel teurer als ein Jahr zuvor. Erdgas war dabei sogar um 119 Prozent teurer als Im Januar 2021.
Das verteuerte auch die Vorleistungsgüter wie Metalle, Holz oder Düngemittel. Die Preise lagen im Januar um 20 Prozent höher als vor einem Jahr. Metalle wie Roheisen oder Stahl waren laut Statistik rund 37 Prozent teurer, Düngemittel um 67 Prozent und Rohstoffe aus Papier und Pappe um 73 Prozent. Nadelschnittholz kostete 53 Prozent mehr als im Januar 2021, Wellpapier und Wellpappe 42 Prozent. Die Preise für Zeitungsdruckpapier stiegen um 67 Prozent.
Investitionsgüter wie Maschinen und Kfz-Teile kosteten rund fünf Prozent mehr als im Vorjahr, wie das Statistikamt weiter mitteilte. Eine so hohe Veränderungsrate gab es demnach zuletzt im Dezember 1982
Auch die Bundesbank sieht die Gefahr einer steigenden Inflation durch einen weiteren Treiber: Die anstehenden Tarifrunden in diesem Jahr für rund acht Millionen Beschäftigte. Die zunehmende Knappheit von Arbeitskräften und hohe Inflationsraten könnten zu „spürbar stärkeren Lohnabschlüssen“ beitragen, heißt es im Monatsbericht Februar.
Das wären dann die befürchteten sogenannten Zweitrundeneffekte, die die Preise weiter steigen lassen könnten. Tarifverhandlungen stehen 2022 in der Chemieindustrie, bei den Versicherungen, in der Druck- und Stahlindustrie, dem privaten Verkehrsgewerbe und dann im Herbst in der wichtigen Metall- und Elektroindustrie an.
Druck könnte nach Ansicht der Bundesbank-Ökonomen auch durch die geplante Anhebung des Mindestlohns zum 1. Oktober auf zwölf Euro je Stunde ausgehen. Denn das würde die Verdienste in den unteren Lohngruppen spürbar anheben und auch auf die darüber liegende Lohnsegmente merklich ausstrahlen.
Zwar sei dieser Aufwärtsdruck im historischen Rückblick auf die Gesamtwirtschaft überschaubar. „Allerdings ist nicht auszuschließen, dass in dem gegenwärtigen Umfeld sehr hoher Inflationsraten eine stärkere Überwälzung der Löhne auf die Preise erfolgt.“
Generell dürfte der Preisauftrieb vor dem Hintergrund der deutlichen Teuerung auf den Vorleistungsstufen und anhaltender Nachfrage weiterhin hoch bleiben. Aus der Bundesbank sind Stimmen zu hören, dass die Inflationsrate 2022 in Deutschland im Jahresschnitt bei vier Prozent oder sogar noch höher liegen könnte. Im vergangenen Jahr waren es 3,2 Prozent mit zunehmender Dynamik in der zweiten Jahreshälfte. Im Dezember lag sie bei 5,7 Prozent, im Januar ging die Preissteigerungsrate nur leicht auf 5,1 Prozent zurück.
Die Bundesbank befürchtet zudem, dass die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal und im Winterhalbjahr wegen der Pandemie und der Omikron-Variante insgesamt spürbar zurückgeht. Erst ab Frühjahr werde die Wirtschaft wieder deutlich Fahrt aufnehmen, „sofern das Pandemiegeschehen abebbt und die Lieferengpässe weiter nachlassen.
ROLF OBERTREIS
MIt Material von afp