Frankfurt – La Hulpe ist ein kleines Städtchen mit rund 7500 Einwohnern und einem hübschen Schloss rund 20 Kilometer südöstlich von Brüssel. Es ist aber auch Sitz von Swift und damit für die Funktionsfähigkeit des internationalen Handels und Zahlungsverkehrs von immenser Bedeutung. Swift steht für „Society for Worldwide Interbank Financial Telekommunication“, also Gesellschaft für weltweite Finanz-Telekommunikation zwischen Banken. Über Swift werden Informationen über Rechnungen für Im- und Exporte, für grenzüberschreitende Warenlieferungen und Dienstleistungen ausgetauscht für Zahlungen im gigantischen Volumen von rund fünf Billionen Dollar pro Tag. Auch Russland mischt bei Swift mit. Jetzt droht nach Anerkennung der besetzten Regionen im Osten der Ukraine durch Russland der Ausschluss vom wichtigen Finanzinformationssystem. Es wäre fatal, nicht nur für Russland, auch für Deutschland, das wichtige Rohstoffe von dort braucht – und bezahlen muss.
„Jede Intervention, die das Swift-Zahlungssystem betrifft, hätte die größten Auswirkungen“, sagte Andrea Enria, Chef der bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelten europäischen Bankenaufsicht. Für Gabriel Felbermayr, Chef des österreichischen Forschungsinstituts Wifom wäre es mit Blick auf Sanktionen gegen Russland die „härteste Waffe, die wir haben“. Ähnlich sieht es Jörg Krämer, Chef-Volkswirt der Commerzbank. Russland vom Zahlungsverkehr mit westlichen Banken auszuschließen, wäre eine der entscheidenden Sanktionen.
Durch die über Swift übermittelten Informationen lassen sich Überweisungen sicher und schnell abwickeln. Das System wurde 1973 auf die Beine gestellt und eine Gesellschaft nach belgischem Recht gegründet. Getragen wird es von rund 3500 Finanzunternehmen, angeschlossen sind weltweit 11 000 Banken aus 200 Ländern und Regionen. Das macht Swift zum weltweit wichtigsten System zum Austausch elektronischer Finanzinformationen und damit zum wichtigen Teil des internationalen Zahlungsverkehrs.
Geführt wird das Unternehmen von einem 25-köpfigen Board, das der US-Banker Yawar Shah leitet. Aus Deutschland sind je ein Banker der Deutschen Bank und der Commerzbank dabei. Auch ein Vertreter Russlands gehört dem Gremium an.
Das Prinzip von Swift ist vergleichsweise simpel: Will ein Unternehmen aus Deutschland Geld an einen Kunden ins nicht EU-Ausland überweisen (oder umgekehrt), schickt seine Bank eine Swift-Nachricht an die Bank des Kunden mit Namen des Absenders, vermerkt den Betrag, Konto-Nummer und den elfstelligen Swift-Code der Bank. Die Bank des Kunden schreibt damit den Betrag dessen Konto gut. Meist passiert das innerhalb eines Tages, mitunter kann es auch länger dauern. Swift gilt aber als sicheres System.
Swift ist damit für deutsche Unternehmen wichtig, die Geschäfte mit Ländern außerhalb der EU betreiben. Auch wenn sich der Zahlungsdienstleister als neutral bezeichnet, ist es immer wieder Teil von politischen Auseinandersetzungen. Bereits seit 2012 ist der Iran wegen des Atomstreits von Swift ausgeschlossen – mit massiven Folgen. Dem Vernehmen nach hat das Land fast 50 Prozent seiner Einnahmen aus der Öl-Förderung verloren und hat Einbußen von 30 Prozent im Außenhandel hinnehmen müssen. Aktuell sind nach der Machtübernahme der Taliban und dem Zusammenbruch des Finanzsystems auch Überweisungen über Swift nach Afghanistan nicht möglich.
Es gibt kaum Zweifel, dass ein Swift-Ausschluss auch Folgen für die deutsche Wirtschaft hätte. Nach Angaben des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft stand Russland 2020 bei den Exporten mit einem Volumen von 23 Milliarden Euro auf Rang 15 aller Ländern, in die Waren aus Deutschland geliefert wurden. Bei den Importen aus Russland lag das Volumen bei 22 Milliarden Euro – in erster Linie Öl, Gas, Petrochemie und Metalle.
Generell betonen deutsche Unternehmen aber, Sanktionen gegen Russland hätten für ihr Geschäft keine großen Auswirkungen, weil es überschaubar ist. Auch Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hatte Ende Januar betont, er sehe im Russland-Geschäft keine Risiken und habe keine Bedenken.