von Redaktion

Alle sprechen gerade, nicht zu Unrecht, von einer Zeitenwende. Ich sage: Willkommen in der Realität, endlich. Deutschland wird sein Militär ordentlich ausrüsten und sich in der Energieversorgung möglichst unabhängig von russischem Gas machen. Doch dafür braucht es eine leistungsfähige Rüstungsindustrie und alternative Energiequellen, eventuell auch Kohle und Kernkraft. Ebendiese Branchen werden von Banken und der EU-Kommission gerade schwer geschwächt.

In einem ersten Bericht zur sozialen Taxonomie schlug ein Expertengremium der EU-Kommission etwa vor, dass sich viele Rüstungsproduzenten per se nicht für das soziale Nachhaltigkeitslabel qualifizieren könnten. „Sozial schädlich“ seien sie.

Banken wie die Bayerische Landesbank stellten bereits in vorauseilendem Gehorsam die Finanzierung von Waffenherstellern ein und treffen damit auch viele kleine und innovative Zulieferer. Sie knickten vor dem moralisierenden Zeitgeist einer ideellen Denkschule ein, die jeden Bezug zur Realität verloren hat. Die vom jetzigen Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Sven Giegold, gegründete NGO Attac zum Beispiel veröffentlichte eine Liste von Banken, bei denen man mit dem Anlegen eines Girokontos „tödliche Investitionen“ tätigen würde. Gemeint waren damit Geldhäuser, die in ihrem marktwirtschaftlichen Investmentgeschäft eben auch Atomenergie und Rüstungsproduzenten finanzieren. „Tödlich“ nennt es Attac, „sozial schädlich“ und nicht nachhaltig nach ESG-Regulierung nannte es der erste Expertenvorschlag zur sozialen Taxonomie.

Franz Josef Strauß würde im Grabe rotieren. Die jüngsten Entwicklungen enttarnen diese Farce. Denn sozial schädlich ist es, wenn Deutschland nicht in der Lage ist, seine Partner mit Ausrüstung zu unterstützen, wenn Deutschland zur kommenden neuen Sicherheitsarchitektur, zur Verteidigung der europäischen Freiheit nichts beizutragen hat. Verteidigung ist nicht sozial schädlich! Sie ist notwendig! Sicherheit ist die Grundlage für Nachhaltigkeit.

Banken und EU sind darum aufgefordert, diese Verrücktheiten sofort einzustellen. Und ganz allgemein müssen wir endlich einsehen, dass Kapitalmarktregulierung und Brüsseler Bürokratie nicht die Orte sind, an denen fundamentale Entscheidungen über unser Gemeinwohl getroffen werden sollten. Durch die massiv veränderte Großwetterlage sind wir nun mal politisch gezwungen, unsere Energieversorgung unabhängig von russischem Gas aufzustellen.

Eine bürokratische Taxonomie mit ihrer Unterteilung in Gut und Böse hat in dieser genuin politisch-demokratischen Frage nichts zu suchen. Die Kohle ist in der Taxonomie als klimaschädlich, Gas hingegen durch einen politischen Kompromiss als klimafreundlich deklariert worden. Doch das hat mit der politischen Realität wenig zu tun. Es muss möglich sein, deutsche Kohle oder europäische Atomenergie dem russischen Gas vorzuziehen, ungeachtet dessen was in Brüssel in die Taxonomie geschrieben wurde.

Die Politik ist in der Realität angekommen, jetzt muss die Finanzindustrie nachziehen. Die aktuellen Turbulenzen an den Märkten zeigen, wie sehr Marktteilnehmer von Frieden profitieren. Putins Krieg zeigt, dass dieser Frieden nicht selbstverständlich ist. Wir müssen ihn, unsere Freiheit und unsere Werte notfalls militärisch verteidigen können und durch energiepolitische Unabhängigkeit untermauern. EU, Banken und andere Finanzakteure dürfen diese Bemühungen nicht untergraben, sondern müssen ihren Beitrag dazu leisten, schon aus eigenem Interesse. Es ist darum Zeit für eine Zeitenwende in der Debatte um die Taxonomie und die ESG-Regulierung im Allgemeinen.

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