100 Milliarden sinnvoll einsetzen

von Redaktion

Donald Trump hat die Europäer in seiner Amtszeit mit vielen ungerechtfertigten Attacken gereizt. Zumindest ein Trumpscher Vorwurf traf jedoch immer ins Schwarze: Deutschland verhält sich seit Langem als Trittbrettfahrer am Schutz der Nato. Während die USA knapp vier Prozent ihrer hohen Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben, dümpeln die deutschen Verteidigungsausgaben bislang bei 1,4 Prozentdahin.

Die Zwei-Prozent-Marke ist ein im Jahr 2014 vereinbarter Zielwert, auf den sich die Nato-Staaten „zubewegen“ sollen. Der russische Überfall auf die Ukraine hat auf dramatische Weise signalisiert, welche Folgen eine unzureichende Abschreckungskapazität haben kann. Die Bundesregierung hat infolgedessen eine rasche Kehrtwende eingeleitet und eine Modernisierung der Bundeswehr und Erfüllung des Nato-Zieles angekündigt. Zu diesem Zweck soll ein schuldenfinanziertes Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro errichtet werden, aus dem der Bundeswehr in den kommenden Jahren die bislang fehlenden Mittel zufließen sollen.

Wie ist dieser Ansatz zu beurteilen? Das rasche Signal Deutschlands, in Zukunft wieder einen substanziellen Beitrag zur Verteidigungs- fähigkeit der Nato zu leisten, ist ein überaus wichtiges Signal im strategischen Verhandlungsspiel mit Russland. Sofern das russische Handeln noch rationalen Kalkülen zugänglich ist, verlieren durch eine leistungsfähigere Nato in Zukunft mögliche russische Aggressionspläne gegen die baltischen Nato-Staaten an Wahrscheinlichkeit.

Damit dienen die zusätzlichen Mittel dem Kollektivgut der Friedenssicherung in Europa. Das jetzt vorgesehene zusätzliche Finanzvolumen des Sondervermögens von 100 Milliarden Euro ist für einen Zeitraum von etwa vier Jahren in der Höhe angemessen, um damit die deutschen Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent anzuheben. Aktuell fehlen pro Jahr etwa 20 bis 25 Milliarden Euro bis zur Nato-Zielmarke. Noch höhere Summen würden kurzfristig auch wenig Nutzen stiften, weil Beschaffungsvorhaben für komplexe Waffensysteme ohnehin jahrelange Prozesse sind.

Zu kritisieren ist der vollständige Verzicht auf eine reguläre Haushaltsfinanzierung. Wie für ihre klimapolitischen Ausgaben verfolgt die Bundesregierung nun schon wieder den politisch verlockenden Weg, die Vorgaben der Schuldenbremse durch kreative Buchführung einfach zu umgehen. Selbst wenn dafür extra das Grundgesetz geändert wird, schadet dies der Budgettransparenz und ist für die Verteidigungsausgaben noch weniger zu vertreten als für die Klimaausgaben. Klimaausgaben stiften einen Nutzen, der sich erst über Jahrzehnte einstellt. Verteidigungsausgaben schaffen unmittelbar in der Gegenwart Sicherheit. Es gibt daher keine überzeugenden Argumente, die Finanzierungsbürde für eine funktionsfähige Bundeswehr auf zukünftige Generationen zu verlagern.

Falsch an der neuen Verteidigungsfinanzierung ist außerdem die immer noch viel zu stark nationale Perspektive. Die Verteidigungspolitik der EU-Staaten bleibt hochgradig zersplittert und damit unnötig kostspielig. Eine Vielzahl an unterschiedlichen Waffensystemen und unnötige Parallelstrukturen verursachen immense Kosten, ohne dass dem ein zusätzlicher Nutzen in Form einer höheren Einsatzfähigkeit gegenübersteht.

Die Bundesregierung sollte einen Teil der Zusatzmittel besser über den EU-Haushalt in den Aufbau europäischer Streitkräfte stecken. Dies würde nicht nur Kosten sparen, sondern noch dazu dem Rückfall in nationales Trittbrettfahren einen Riegel vorschieben.

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