BMW leidet unter dem Ukraine-Krieg

von Redaktion

VON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

München – Eigentlich wollte Oliver Zipse zur Bilanzvorlage 2021 von 12,5 Milliarden Euro Rekordüberschuss und beschleunigter Elektro-Offensive schwärmen. Nun ist vom BMW-Vorstandschef wie von seinen Kollegen anderer Autobauer aber wieder Krisenmanagement gefragt. Denn zum einen wurde gerade der Export von Luxuswagen nach Russland verboten. BMW baut auch im russischen Montagewerk in Kaliningrad keine Fahrzeuge mehr. Zum anderen ist wohl kein deutscher Autobauer wie die Bayern vom Ausfall ukrainischer Zulieferer betroffen. Ohne von dort bezogene Kabelbäume fährt kein Auto, was bei BMW die Produktion im Stammwerk München sowie den Fabriken in Dingolfing und dem britischen Oxford ausgebremst hat. „Es wird kein einfaches Jahr“, ahnt Zipse. Die kriegsbedingte Schadensbilanz ist nur eine vorläufige. Der Absatz des Konzerns mit seinen drei Marken BMW, Mini und Rolls-Royce, der voriges Jahr noch um gut acht Prozent auf über 2,5 Millionen Fahrzeuge zugelegt hat, wird 2022 kriegsbedingt wohl nur stagnieren. Die operative Rendite vor Steuern und Zinsen, die im reinen Autogeschäft 2021 noch auf 10,3 Prozent gestiegen war und eigentlich auch 2022 auf diesem Niveau verharren sollte, werde wohl nur zwischen sieben und neun Prozent liegen, ergänzte Finanzchef Nicolas Peter. Falls der Krieg in der Ukraine eskaliert oder gar auf andere Länder übergreife, ist diese Prognose Makulatur. Zumindest die jetzigen Einschläge hat BMW relativ gut und schnell in den Griff bekommen. Ab nächster Woche werde in allen BMW-Fabriken wieder normal produziert, versicherte Produktionschef Milan Nedeljkovic. Zulieferer aus dem Westen der Ukraine würden langsam wieder fertigen. Zudem hat BMW auch alternative Quellen für Kabelbäume gefunden. Das Werk in Kaliningrad steht als Wert beim örtlichen Kooperationspartner in den Büchern, weshalb bei einer möglichen Verstaatlichung durch Russland keine Abschreibung bei BMW anfällt.

Und der russische Absatz ist mit zuletzt 46 500 Fahrzeugen überschaubar.

Ohne den Krieg hätte BMW für 2022 weltweit allerdings einen leicht erhöhten Absatz angepeilt, räumte Peter ein. Wenn man „leicht“ in BMW-Nomenklatur übersetzt, fehlt in der Kalkulation für 2022 also insgesamt ein Volumen von gut 100 000 Autos, das dem Krieg in der einen oder anderen Form zum Opfer fällt. Gemessen am Leid in der Ukraine ist das so gut wie zu vernachlässigen. Ukrainischen Zulieferern will BMW auch nach dem Krieg treu bleiben. Ob man jemals wieder auf den russischen Markt zurückkehrt, ließen die Manager offen. Strategisch fühlen sich die Münchner von den Unwägbarkeiten des Kriegs abgesehen auf dem richtigen Weg, auch wenn sie als einziger deutscher Autobauer noch allen Antriebsarten inklusive Verbrennern eine Zukunft geben.

„Für maximalen Klimaschutz braucht es alle Technologien“, findet Zipse. Allerdings forciert BMW die eigene Elektrostrategie deutlich. Trotz mutmaßlich stagnierender Gesamtabsätze 2022 sollen in diesem Jahr über 200 000 und damit doppelt so viele vollelektrische Autos verkauft werden wie im vorigen. Jeder zehnte dieses Jahr neu verkaufte BMW würde dann rein elektrisch fahren. Zum anderen produziert BMW ab 2025 auf einer neuen Elektroautoplattform, von der dann Stromer der sogenannten Neuen Klasse vom Band rollen. Die sollen in puncto Reichweite, Kosten und Nachhaltigkeit über die gesamte Lieferkette sowie den vollen Fahrzeugzyklus neue Maßstäbe setzen, verspricht Zipse. Einen Vorgeschmack dazu würden die neuen Modelle iX und i4 liefern sowie der für April geplante neue 7er in Antriebsvarianten von vollelektrisch über Hybrid bis Verbrenner. Dazu kommt, dass der neue 7er-BMW autonomes Fahren bis zur Stufe 3 bieten soll, wo man nicht nur die Hände vom Steuer nehmen, sondern auch die Augen von der Straße abwenden kann. Ende 2025 wollen die Bayern dann zwei Millionen vollelektrische Autos auf der Straße haben und mit Stromern so viel verdienen wie heute mit Verbrennern. 2030 soll jedes zweite weltweit verkaufte Auto vollelektrisch sein. Das könne auch früher kommen, wenn der Aufbau von Ladesäulen Schritt hält, meinte Zipse. Was den EU-Flottenwert hinsichtlich des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) betrifft, geht die BMW-Strategie schon jetzt auf. Der lag voriges Jahr bei 115,9 Gramm CO2 je Kilometer deutlich unter der Vorgabe von 126 Gramm. Die Erfolge erreichen auch das Personal. Das soll dieses Jahr weltweit wieder um bis zu 6000 Stellen aufgebaut werden, nachdem es zuletzt per Fluktuation auf knapp 119 000 Leute abgeschmolzen war und bei Konkurrenten eher noch Abbau angesagt ist. Aktionäre profitieren von einer von 1,90 auf 5,80 Euro erhöhten Dividende.

Artikel 4 von 8