Erdgas: Zölle statt Embargo

von Redaktion

Brüssel/Berlin – Energie-Experten haben vor schweren wirtschaftlichen Folgen eines Lieferstopps für russisches Gas in Reaktion auf den Krieg in der Ukraine gewarnt. Auch die deutsche Industrie ist alarmiert, die Chemie- und die Pharmabranche rechnen bei einem Gas-Embargo mit Produktionsausfällen.

„Ein Gas-Lieferstopp hätte katastrophale Folgen für die Industrie in Deutschland und die Menschen in unserem Land“, sagte der Vizepräsident des Verbands der Chemischen Industrie, Werner Baumann, der „Bild am Sonntag“: „Egal, ob es um Medikamente, Pflanzenschutz, Lebensmittelverpackungen, die Fertigung von Autos oder den Bau von Häusern geht: Die Produkte der chemischen Industrie finden sich in praktisch allen Warengruppen.“ Deutschland würde mit einem Gas-Stopp deshalb „eine Welle der Arbeitslosigkeit drohen, wie wir sie seit vielen Jahren nicht gesehen haben“.

Ähnlich äußerte sich der Ökonom Simone Tagliapietra von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel: „Ein volles Embargo würde eine sofortige Rezession in Europa auslösen, die Inflation würde weiter steigen und die Innenpolitik noch schwieriger werden.“ Tagliapietra schlägt stattdessen vor, Zölle auf russische Energie einzuführen, um weiter Druck auf Russland auszuüben. „Statt dieser Embargos wäre das Beste, sofort einen Zoll auf diese ganzen Importe von Öl und Gas zu legen“, schlug Tagliapietra vor. Das würde seiner Ansicht nach die Einkünfte Russlands verringern und gleichzeitig die Effekte für die europäische Wirtschaft eindämmen. Da Russland sein Öl und Gas teils nur nach Europa verkaufen kann, wären Firmen wie Gazprom dazu gezwungen, einen solchen Zoll zu zahlen. Das Geld könne genutzt werden, um die hohen Energiepreise für Verbraucher abzufedern oder den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren, so Tagliapietra. „Ein Vorteile der Zölle ist, dass wir Druck auf die Russen ausüben können: Wenn sie so weitermachen wie bisher, kann man die Zölle mit der Zeit erhöhen“, sagte Tagliapietra. Seinen Angaben zufolge untersuchen die EU-Kommission und die EU-Länder, wie man solche Zölle gestalten könnte.  dpa

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