Ökonomen senken Prognosen drastisch

von Redaktion

Führende Wirtschaftswissenschaftler haben ihre Wachstumsprognosen für das kommende Jahr stark nach unten korrigiert. Dabei betrachteten sie jedoch nur ein optimistisches Szenario.

VON THERESA MÜNCH

Berlin – Erst Pandemie, dann Energie: Von der einen Krise noch nicht ganz erholt, ist die deutsche Wirtschaft mit Russlands Krieg in der Ukraine in die nächste geschlittert. Weil diesmal nicht nur Lieferketten einbrechen, sondern Preise enorm steigen, spüren das auch die Verbraucher, im Supermarkt wie an der Tankstelle. Zwei Entlastungspakete hat die Politik schon geschnürt. Führende Wirtschaftsforscher mahnen jetzt aber: Allzu opulente Hilfen könnten alles noch schlimmer machen.

„Auch die Hilfen für private Haushalte zum Abfedern hoher Energiepreise sollte die Politik nur sehr zielgerichtet dosieren“, mahnte der Leiter des Kiel-Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel), Stefan Kooths, am Mittwoch in Berlin. Denn sie könnten die Inflation weiter anheizen und Haushalten mit wenig Einkommen letztlich mehr schaden als nützen.

Die Situationsbeschreibung der führenden Wirtschaftsforscher klingt ernst: „Die deutsche Wirtschaft steuert durch schwieriges Fahrwasser und durchläuft die höchsten Inflationsraten seit Jahrzehnten.“ Deshalb schrauben die Institute in ihrem Frühjahrsgutachten die Erwartungen drastisch nach unten. Die Wirtschaftsleistung dürfte in diesem Jahr demnach nur um 2,7 Prozent zulegen – ursprünglich hatten sie 4,8 Prozent Wachstum erwartet.

Bereits vor dem russischen Angriff auf die Ukraine zogen die Verbraucherpreise an. „Schon die staatlichen Hilfspakete während der Pandemie haben preistreibend gewirkt“, sagt Kooths. Dazu kam eine hohe Nachfrage, weil das Geld bei vielen Verbrauchern zeitweise lockerer saß. Die Institute rechnen für dieses Jahr deshalb mit einer Inflationsrate von 6,1 Prozent. Das wäre der höchste Wert seit 40 Jahren. Auch im kommenden Jahr dürfte die Teuerung mit 2,8 Prozent deutlich über dem Durchschnitt seit der Wiedervereinigung liegen.

Die Ökonomen zeigen sich skeptisch, was allzu hohe staatliche Hilfen angeht. Schon die Entlastungspakete der Ampel-Regierung mit Steuersenkungen und günstigerem Verkehr für alle sehen sie kritisch, „weil sie ja darauf abzielen, Kaufkraft in der Breite der Bevölkerung zu stabilisieren“. „Alles was der Staat jetzt unternimmt, um in der Breite der Bevölkerung noch zusätzliche Kaufkraft in den privaten Sektor zu pumpen, würde eben hier die Inflation zusätzlich anfachen“, sagt Kooths.

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