Frankfurt – Angesichts großer Inflationsrisiken könnte die Europäische Zentralbank (EZB) laut Bundesbank-Präsident Joachim Nagel ihre Zinsen schon im Sommer anheben. Die Geldpolitik sei jetzt gefordert, sagte Nagel.
An den Finanzmärkten wird erwartet, dass die EZB den Einlagensatz, zu dem Banken Geld bei der Europäischen Zentralbank parken können, in diesem Jahr auf null anheben könnte. Derzeit liegt der Einlagensatz bei minus 0,5 Prozent. Banken müssen also eine Art Gebühr zahlen. EZB-Ratsmitglied Martins Kazaks bestätigte diese Erwartungen. „Ich habe keinen Grund, mit den Markterwartungen für die zweite Jahreshälfte nicht einverstanden zu sein.“ Kazaks, der die lettische Zentralbank leitet, gilt allerdings eher als geldpolitischer Falke. Er spricht sich also im Zweifel eher für Zinserhöhungen aus. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte zuletzt die abwartende Haltung der Notenbank bestätigt. Die erste Zinserhöhung der EZB in der Pandemie erwarten Experten bisher für den Herbst. Zuletzt sind die Zinserhöhungserwartungen gestiegen. Schließlich ist die Inflationsrate im März mit 7,5 Prozent auf den höchsten Stand seit der Euro-Einführung gestiegen. Die EZB peilt auf mittlere Frist nur zwei Prozent an.
Lagarde hatte zuletzt davon gesprochen, dass die EZB „graduell“ aus der lockeren Geldpolitik aussteigen werde. „Graduell heißt nicht langsam“, sagte Kazaks. Es bedeute, dass man prüfe, ob die ergriffenen politischen Maßnahmen angemessen seien. Die Anleihekäufe zur Stützung der Konjunktur könnten Anfang des dritten Quartals beendet werden, da es keine Verspannungen an den Finanzmärkten gebe. dpa