München – Nachhaltige Fonds waren noch nie so beliebt wie heute. Anleger wollen immer öfter nicht einfach nur investieren, sondern ihr Geld bewusst ohne Kohle, Atomkraft, Waffen oder Kinderarbeit anlegen. Doch nicht jeder Fonds, der ein „nachhaltig“, „grün“ oder „sustainable“ im Namen trägt, besteht automatisch zu 100 Prozent aus rein nachhaltigen Bestandteilen. Eine gesetzliche Definition des Begriffes Nachhaltigkeit gibt es nicht.
Was sind nachhaltige Geldanlagen?
2021 führte die EU die sogenannte EU-Taxonomie ein. Eine Taxonomie bezeichnet grundsätzlich ein einheitliches Verfahren, in diesem Fall eine verbindliche Festlegung, welche Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig gelten. Unter nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten und damit auch nachhaltigen Geldanlagen versteht man Investments, die sogenannte ESG-Kriterien berücksichtigen. ESG steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Zu ESG-Kriterien zählen beispielsweise eine faire Bezahlung der Mitarbeiter, gerechte Arbeitsbedingungen oder Engagement gegen Korruption und Bestechung.
Warum sind grüne Geldanlagen so beliebt?
Nachhaltigkeit ist schon lange mehr als ein Trend. Neben nachhaltigen Produkten, Dienstleistungen und Unternehmen stehen auch nachhaltige Geldanlagen hoch im Kurs. Viele Anleger wollen ihr Geld bewusster anlegen und gezielt auf Kohle, Atomkraft oder Waffen verzichten. Laut einer Studie des Bundesverbands deutscher Banken investieren bereits sechs Millionen Deutsche in nachhaltige Geldanlagen. Der Wert hat sich seit 2019 verdoppelt. Laut dem Magazin Finanztest (April 2022) betrugen Neuzuflüsse in nachhaltige Fonds 2021 mit 60 Milliarden Euro dreimal so viel wie im Jahr 2020.
Welchen Kriterien muss eine nachhaltige Geldanlage entsprechen?
Aktuell gibt es keinen einheitlichen Mindeststandard für nachhaltige Geldanlagen. Allerdings hat die EU am 10. März 2021 die sogenannte Offenlegungsverordnung eingeführt. Seitdem müssen Finanzteilnehmer offenlegen, wie nachhaltig sie und ihre Produkte sind. Laut der EU-Verordnung (Nummer 2019/2088) werden Finanzprodukte in drei unterschiedliche Gruppen aufgeteilt. Unter Artikel sechs der Verordnung fallen herkömmliche Fonds, die keine Nachhaltigkeitsziele verfolgen. Artikel acht bezeichnet die sogenannten hellgrünen Fonds. Diese berücksichtigen ökologische und soziale Aspekte. Als dritte Gruppe werden mit Artikel neun die dunkelgrünen Fonds festgelegt. Diese verfolgen am strengsten nachhaltige Ziele. Dunkelgrüne Fonds machen laut der UmweltBank nur 3,6 Prozent aller Fonds aus.
Sind grüne Anlagen teurer als herkömmliche ?
„Grundsätzlich handelt es sich bei nachhaltigen Geldanlagen eher um aktiv gemanagte Fonds, diese sind nicht mit den Kosten passiv gemanagter Fonds vergleichbar“, sagt Charlotte Siering, Sprecherin der GLS Investment Bank. Aktive Fonds werden im Gegensatz zu passiven von einem Fondsmanager betreut. Dieser kümmert sich um die Auswahl und den Handel der Geldanlagen. Nachhaltige Geldanlagen wären aber nicht teurer als herkömmliche. Man befände sich hier im Marktdurchschnitt.
Wie nachhaltig sind grüne Geldanlagen wirklich?
Es gibt keine offizielle Definition für nachhaltige Geldanlagen. Die Verwendung der Bezeichnungen „ESG“, „sustainable“, „nachhaltig“ oder „grün“ in Fondsnamen alleine gibt keinen Aufschluss darüber, wie streng ein Fonds bei der Auswahl der Anlagen vorgegangen ist. Beispielsweise hat die EU-Kommission Erdgas und Atomkraft als grüne Technologien eingestuft, da diese in der aktuellen Übergangsphase benötigt werden. Anleger können die genaue Zusammensetzung ihrer Fonds in den dazugehörigen Informationen einsehen. Das Magazin Finanztest empfiehlt, „wer Wert auf strenge Nachhaltigkeit legt, muss aktive Fonds nehmen“. Letztendlich muss der Anleger selbst entscheiden, was Nachhaltigkeit für ihn bedeutet.
An wen kann man sich bei Fragen wenden?
Der eigene Bankberater kann Auskunft bei Fragen zu nachhaltigen Geldanlagen geben. Auch verschiedene Online- Plattformen können weiterhelfen. Unter anderem bietet die Webseite Faire-Fonds einen guten Überblick über die individuelle Zusammensetzung verschiedenster Fonds (www.faire-fonds.info/).
Werfen nachhaltige Geldanlagen weniger Rendite ab?
Wer auf nachhaltige Geldanlagen setzt, muss nicht auf Rendite verzichten. „Das Thema Nachhaltigkeit wird grundsätzlich immer wichtiger. Auf lange Sicht gehen wir davon aus, dass die Rendite nachhaltiger Geldanlagen der herkömmlicher in nichts nachstehen wird“, sagt Silke Bender, Sprecherin der GLS Bank. Die Stiftung Warentest hat die Entwicklung der Renditen des Weltaktienindex MSCI World und des nachhaltigen Index MSCI World SRI verglichen. SRI steht für Socially Responsible Investing, also eine sozialverträgliche, verantwortungsvolle Geldanlage. Das Ergebnis: Seit einigen Jahren entwickelt sich der nachhaltige MSCI World SRI besser als der klassische MSCI World. Das ist jedoch nur eine Momentaufnahme und bedeutet nicht, dass nachhaltige Anlagen sich in Zukunft immer besser entwickeln werden. VON CAROLINE MIDDERHOFF