Berlin – Die EU-Kommission will Europa aus der Abhängigkeit von russischer Energie lösen – und dafür 300 Milliarden Euro in die Hand nehmen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wird die Gelder nutzen und legt mit dem Papier „Energiesparen für mehr Unabhängigkeit“ seinen Arbeitsplan für die Abkehr von den fossilen Brennstoffen vor.
Heizungen
Schon von 2024 an muss jede neu eingebaute oder ausgetauschte Heizungsanlage mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Eine Kombination aus Solarthermie und Gasheizung für Tage, an denen die Sonne nicht scheint, wäre eine Möglichkeit. Mittelfristig wird das aber das Aus für Öl- und Gasheizungen bedeuten, weil sich gemischte Anlagen für viele Hausbesitzer nicht rechnen werden. Das Gebäudeenergiegesetz will die Koalition bis Ende 2022 entsprechend ändern.
Solaranlagen
Deutschlands Dächer sind bisher weitgehend ungenutzt für die Energieerzeugung. Das Bundeswirtschaftsministerium will sie zum Standard machen. Für Gewerbeimmobilien ist eine Pflicht vorgesehen. Auch hier soll das Gebäudeenergiegesetz noch in diesem Jahr angepasst werden. Unklar ist noch, ob die Pflicht auch für Wohngebäuden gelten soll. Offiziell heißt es, Solardächer sollten „die Regel“ sein. Ein Problem der Pflicht: Es würden auch Anlagen in Schattenlagen installiert, was wenig effizient wäre.
Neubauten
Bereits geändert hat die Bundesregierung die Förderregeln für Neubauten. Wer ein Haus bauen möchte, muss vom 1. Januar 2023 an den Mindesteffizienzstandard EH 55 einhalten – was bereits heute weitgehend so ist. Von 2025 an gilt dann EH 40. Isolierung: alte Fenster und Außentüren, dünne Wände oder Kältebrücken: In alten Gebäuden ist Energiesparen schwierig, weil viel Wärme verloren geht. Zwar werden schon seit Jahren Gebäude isoliert, doch so richtig ist das Programm bisher nicht vorangekommen. „
Das größte Energieeinsparpotenzial haben wir bei Altbauten, von denen viele noch schlecht isoliert sind“, sagt Energieexperte Thomas Engelke vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Der Staat müsste mehr Geld in die Hand nehmen. Der Bund will jetzt das entsprechende Fördergesetz ändern. Besonders die energetisch schlechtesten Gebäude sollen „adressiert werden“.
Fördergeld
Energiesparen und der Umstieg auf erneuerbare Energien sind teuer. Die Förderangebote der staatlichen KfW-Bank und des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle will die Bundesregierung deshalb neu gefasst werden. Neben mehr Geld für Altbausanierung ist Geld für den Wechsel der Heizungsanlage (zum Beispiel von Gas zu Wärmepumpe) vorgesehen sowie ein neues Programm für klimafreundliches Bauen, das vom 1. Januar 2023 gelten soll.
Industrie
Auch hier verspricht die Bundesregierung Geld, vor allem den Industriezweigen, die Grundstoffe herstellen. In Deutschland ist das vor allem die chemische Industrie, die auch sehr energieintensiv ist. Die Idee: Wenn die Kosten für klimafreundliche Prozesse höher sind als die für herkömmliche, will der Bund die Betriebskosten ausgleichen. Einer entsprechenden Förderrichtlinie muss die EU zustimmen, weil es unerlaubte Subventionen sein könnten. Geld soll es auch für die geben, die Prozesswärme – besonders wichtig in der Industrie – künftig etwa mit Tiefengeothermieanlagen erzeugen statt mit Gas. Das entsprechende Gesetz soll in diesem Jahr geändert werden.
Das Bundeswirtschaftsministerium spricht insgesamt von einem Konjunkturprogramm für Handwerker. Ein Problem bei allem: Es fehlen Spezialisten, die Solaranlagen installieren und Wärmepumpen montieren können. Wie der Fachkräftemangel behoben werden kann, ist noch unklar.
Öffentlicher Sektor
Beim Sparen ist jedenfalls nicht nur der Verbraucher gefragt. „Es ist plakativ, zu sagen, dass die privaten Haushalte die Heizung ein Grad herunterdrehen sollen, um zu sparen. Aber falsch“, sagt vzbv-Energieexperte Engelke. „Alle müssen einen Beitrag zum Energiesparen leisten, nicht nur die privaten Haushalte: auch Industrie, Handel Dienstleister und auch der öffentlicher Sektor.“
Das Bundeswirtschaftsministerium hat das aufgenommen. Für Bund, Länder und Kommunen sind Energie- und Umweltmanagementsysteme vorgesehen – ein eher schwammiger Begriff. Jährliche Energieeinsparziele sind da schon konkreter. Wann es so weit ist, ist offen. Grundsätzlich gilt: „Wer plant, die Heizung auszutauschen oder die Fassade zu isolieren, sollte sich unbedingt beraten lassen“, sagt vzbv-Experte Engelke. „Die Kosten lohnen sich.“ Mit Material von dpa