„Mr. Cum-Ex“ steht vor Gericht

von Redaktion

Wiesbaden – Im Steuerskandal um Cum-Ex-Aktiengeschäfte muss sich die zentrale Figur Hanno Berger seit Donnerstag in einem zweiten Gerichtsprozess verantworten. Am Landgericht Wiesbaden begann ein Verfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen den 71-jährigen Steueranwalt, der als geistiger Vater der Deals gilt. Nach dem Ende seiner fast zehnjährigen Flucht vor der Justiz hatte im April ein Prozess gegen Berger am Landgericht Bonn begonnen. Seine Pflichtverteidiger wollen unterdessen den Prozess in Wiesbaden verzögern – und verweisen auch auf die parallelen Verfahren.

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt wirft Berger vor, von 2006 bis 2008 bei komplexen Aktiengeschäften Bescheinigungen über gut 113 Millionen Euro nie gezahlter Steuern erlangt zu haben. Bei Geschäften mit einem Immobilieninvestor seien gemeinsam mit früheren Beschäftigten der Hypovereinsbank Dax-Aktien im Volumen von 15,8 Milliarden Euro gehandelt worden. Die Gewinne habe man aufgeteilt. Berger äußerte sich am Donnerstag nicht zu den Vorwürfen.

Die Generalstaatsanwaltschaft sprach von mehrstufigen Geschäften ohne wirtschaftlichen Zweck, die nur der Verschleierung gedient hätten. Allein das Verlesen der Anklageschrift dauerte mehr als zwei Stunden. In dem Prozess sind Verhandlungstermine bis in den August hinein angesetzt (Az: 6 KLs – 1111 Js 18753/21).

Bergers Pflichtverteidiger Sebastian Kaiser und Michael Simon wollen erreichen, dass der Prozess ausgesetzt und im September fortgeführt wird. Sie argumentierten, dass die Zeit gefehlt habe, um sich ausreichend in den Fall einzuarbeiten. Die Causa Berger sei außergewöhnlich umfangreich und die Cum-Ex-Materie komplex.

Auch die Tatsache, dass Berger parallel in Bonn vor Gericht stehe, habe Besprechungen und Abstimmungen mit ihm erschwert. Der Angeklagte habe zudem eine Corona-Infektion hinter sich. Auch deshalb sei Zeit entfallen, argumentieren die Pflichtverteidiger. Über den Antrag will das Landgericht Wiesbaden am Freitag entscheiden.

Berger gilt als Architekt der Cum-Ex-Deals in Deutschland, bei dem sich Banken und andere Investoren nie gezahlte Kapitalertragssteuern erstatten ließen und so den Staat geschätzt um einen zweistelligen Milliardenbetrag prellten. Berger, der einst als Finanzbeamter in Hessen Banken kontrollierte, wechselte später die Seite und machte sich als Steueranwalt selbstständig. Er beriet Banken und Vermögende bei der Konstruktion der Aktien-deals. ALEXANDER STURM

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