München – Raumfahrt ist in Europa immer noch ein Geschäft für industrielle Giganten. Airbus, Thales-Alenia, und auch OHB in Bremen sind die großen Spieler. Kleine Unternehmen finden sich meist als Zulieferer der zweiten und dritten Reihe wieder. Doch immer mehr junge und ambitionierte Unternehmen haben ehrgeizigere Ziele und wollen die Branche aufmischen. Viele davon haben sich in der Region München angesiedelt.
Isar Aerospace will sich mit kleineren Raketen einen Platz im Markt für Raumtransporte sichern. Mynaric, ein Unternehmen für Laserkommunikation zwischen Luft- und Raumfahrzeugen, hat sich eben einen bahnbrechenden US-Auftrag gesichert (siehe Kasten). Und Reflex Aerospace will den Markt für mittelgroße Satelliten aufmischen.
Walter Ballheimer (37) – neben Christian Lindener und Alexander Genzel – einer der Gründer von Reflex Aerospace, hält die Branche für „verkrustet“ und in manufakturartigen Strukturen gefangen. Von der Idee für einen Satelliten bis zum Start vergeht manchmal über ein Jahrzehnt, kritisiert er. Reflex Aerospace will mit Automatisierung und modularen Strukturen (das kann man sich vor stellen wie die Plattformen in der Autoindustrie) Zeiten für Entwicklung, Bau und Konfiguration verkürzen.
Eine Schlüsselrolle spielt für Ballheimer die Digitalisierung: „Satelliten differenzieren sich immer weniger durch ihre Hardware, sondern durch Software. Eine Schlüsselrolle spielen dabei „generative Algorithmen“. Sie erlauben uns, die Entwicklung von Satelliten künftig schnell und flexibel an ganz unterschiedliche Einsatzzwecke anzupassen.“ Auch die Preise sollen runter. Messlatte ist die Entwicklung bei Raumtransporten. Ballheimer erinnert sich: „Ein Kilogramm Nutzlast in den Orbit zu bringen, kostete in den 1990er-Jahren noch 70 000 Euro. Heute sind es 16 000 Dollar.“ Und die Kosten sollen weiter dramatisch sinken, von 1400 Doller spricht Ballheimer.
Der Reflex-Aerospace-Chef hat bereits Erfahrung mit Satelliten. German Orbital Systems war sein erstes Start-up für vergleichsweise winzige Satelliten. Die werden beim Transport einfach zu größeren Geräten dazugepackt.
Davor muss getestet werden, ob sich Geräte gegenseitig mit elektromagnetischen Wellen in die Quere kommen. Eine langweilige Prozedur, bei der Ballheimer mehrfach dabei war.
In Europa beobachtete Ballheimer die zuständigen Mitarbeiter. Die warteten oft ab und taten nichts, bis die Prozedur beendet war. Tausende Kilometer entfernt bei Space X in Kalifornien, die gleiche Prozedur. Auch hier hatte ein Mitarbeiter eigentlich nichts weiter zu tun, als zu warten.
Doch er saß währenddessen am Bildschirm und schrieb eine Software, mit der er seine öde Aufgabe automatisieren konnte.
Es ist klar, von welchem Unternehmen sich Ballheimer inspirieren ließ: Von Elon Musks Gründung, die gerade in den letzten Jahren die Branche weltweit aufmischt. Ballheimer spricht von einer „Kultur, die Fehlschläge nicht bestraft“ und damit die Kreativität jedes Einzelnen herausfordert.
„Nichts ist dort in Stein gemeißelt“, sagt er. Viel von dem Spirit wollen die jungen Gründer nach Europa bringen – und dort vor allem ins Münchner Umland.
Denn Reflex Aerospace, bereits mit einem Büro in Berlin, will seine Produktion wie auch Isar Aerospace und auch Mynaric an einem der Raumfahrt-Standorte im Münchner Umland ansiedeln. Noch sind es 22 Leute. Doch mit dem Hochlaufen der Produktion dürfte die Job-Maschine anspringen.