München/Düsseldorf – Urlaubsfrust statt Reiselust: Für viele Menschen in Nordrhein-Westfalen starteten die Sommerferien an diesem Wochenende mit langen Warteschlangen und gestrichenen Flügen. Zumindest einer der Gründe für die Probleme: Personalnot an den Airports. Die will die Bundesregierung mit einem neuen Vorstoß in den Griff bekommen. Sie will die Möglichkeit zur befristeten Anstellung ausländischer Hilfskräfte schaffen. Dies sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) der „Bild am Sonntag“. „Dabei wollen wir jede Form von Sozialdumping und Ausbeutung ausschließen. Die Arbeitgeber müssen Tariflohn zahlen und für die befristete Zeit anständige Unterkünfte bereitstellen.“
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach von einer mit Heil und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) abgestimmten Aktion, mit der man die Personalengpässe an deutschen Flughäfen „abstellen und eine temporäre Lösung präsentieren“ wolle. Faeser ergänzte: „Wir werden ermöglichen, dass Hilfskräfte aus dem Ausland zum Beispiel bei der Gepäckabfertigung eingesetzt werden.“ Dabei gelte: „Bei der Sicherheit gibt es keine Abstriche.“
Unter Berufung auf Regierungskreise schrieb die Zeitung, Ziel sei es, eine vierstellige Zahl an Fachkräften aus der Türkei zu holen, die bestenfalls schon ab Juli für einige Monate eingesetzt werden könnten. Kurz vor Beginn der Haupturlaubszeit hatte etwa die Lufthansa angekündigt, insgesamt knapp 3000 Flüge an ihren Drehkreuzen Frankfurt und München zu streichen, weil sich vermehrt Besatzungen wegen Corona-Fällen krankmelden. Die Tochter Eurowings strich 100 Flüge im Juli. Grund ist insbesondere fehlendes Personal nicht nur bei der Airline selbst, sondern eben auch bei den Flughäfen, etwa im Bereich Sicherheitskontrolle.
Die Lufthansa rechnet erst im kommenden Jahr wieder mit einer Normalisierung des Flugbetriebs. Vorstandsmitglied Detlef Kayser sagte der „Welt“, „eine kurzfristige Verbesserung jetzt im Sommer werden wir realistisch leider kaum erreichen können“. Aktuell helfe es nur, die Zahl der Flüge zu reduzieren.
Kayser betonte, das sei kein deutsches Problem allein, sondern gelte für die ganze Welt. „Wir rechnen damit, dass sich die Lage 2023 insgesamt wieder normalisiert.“ „Wir bemühen uns natürlich, dass klassische Urlaubsstrecken möglichst wenig betroffen sind“, sagte Kayser. „Wir entscheiden uns meistens für Flüge auf der Kurz- und Mittelstrecke, zum Beispiel innerhalb Deutschlands, wo wir mit hoher Frequenz fliegen oder es alternative Reisemöglichkeiten gibt.“
In der Ferienzeit sollten Fluggäste rechtzeitig zum Flughafen kommen und digitale Angebote wie den Online-Check-In und den Vorabend-Check-In nutzen, riet die Lufthansa. Auch solle das Handgepäck auf das Nötigste reduziert werden, um lange Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen zu vermeiden.
Personalmangel macht aktuell vielen Airlines zu schaffen. Sie streichen Verbindungen, an den Flughäfen kommt es zu langen Warteschlangen. Hinzu kommen Streiks – an diesem Wochenende etwa bei Ryanair in mehreren europäischen Ländern und bei der Lufthansa-Tochter Brussels Airline in Belgien.
An den Flughäfen in Nordrhein-Westfalen herrschte indes am ersten Ferienwochenende vielerorts das reine Chaos. In Düsseldorf etwa berichteten Reisende, dass sie bereits seit fünf Stunden am Flughafen warteten. Dabei seien sie extra frühzeitig angereist. Ärger gab es dort mit der Gepäcktransportanlage, die sich ausgerechnet zum Ferienbeginn von ihrer anfälligen Seite zeigte. Nach einer Störung am Freitag sei es am Samstag erneut zu einer Störung in einem Teil der Anlage gekommen, teilte der Flughafen mit. „Es ist daher nicht auszuschließen, dass heute Gepäck in Düsseldorf zurückbleiben wird“, hieß es.
Problemlos gestalteten sich hingegen in Düsseldorf die Sicherheitskontrollen, die in den vergangenen Wochen oft der kritische Punkt waren. „Wir haben in Düsseldorf zehn bis 15 Minuten Wartezeit und sind damit sehr zufrieden“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Gerade noch rechtzeitig hatte die Bundespolizei einen zweiten Dienstleister zur Unterstützung verpflichten können. Der Hauptdienstleister rekrutierte zudem zusätzliche Hilfskräfte.
Am Köln/Bonner Airport sah das am Samstag ganz anders aus: „Dort haben wir an den Sicherheitskontrollen Wartezeiten von 60 bis 90 Minuten“, so der Sprecher. Dies liege an krankheitsbedingten Personalausfällen von mehr als 100 Mitarbeitern. „Das kann man dann nicht mehr kompensieren.“
Bereits am Freitag war es an den Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf zu langen Schlangen an den Sicherheitskontrollen und Check-in-Schaltern gekommen.