Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket mildern Inflation

von Redaktion

Frankfurt – Die Inflationsrate hat sich im Juni nach der ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes leicht abgeschwächt. Gegenüber Juni 2021 sind die Preise in Deutschland um 7,6 Prozent gestiegen. Im Mai noch hatte das Plus bei 7,9 Prozent gelegen. Volkswirte vermuten, dass dies auf den Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket zurückzuführen ist. Die Statistiker selbst betonen allerdings, dass sich diese Effekte in den vorläufigen Zahlen noch nicht genau darstellen lassen.

Tatsächlich haben sich Haushaltsenergie und Kraftstoffe im Juni zwar gegenüber dem Vorjahresmonat weiter mit 38 Prozent erneut deutlich verteuert, allerdings war das Plus 0,3 Punkte geringer als im Mai. Dagegen zeigen die Preise für Nahrungsmittel ein weiteres Mal stärker nach oben. Für Mai hatten die Statistiker das Plus mit 11,1 Prozent angegeben, im Juni waren es sogar 12,7 Prozent.

Als Gründe für die anhaltend hohe Inflationsrate nennt das Statistische Bundesamt deutliche Preisanstiege auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen, also etwa bei Rohstoffen und Vorprodukten, und die weiter wegen der Corona-Pandemie unterbrochenen Lieferketten.

Extrem war die Entwicklung bei den Energiepreisen in Bayern: Dort verteuerte sich Haushaltsenergie binnen eines Jahres um 42,8 Prozent, Heizöl alleine sogar um mehr als das Doppelte. An den Tankstellen lagen die Preise um ein Drittel höher als im Juni 2021. Auch bei Nahrungsmitteln ging es weiter deutlich nach oben. Insgesamt lag die Teuerungsrate in Bayern auch höher als im Bundesschnitt, und zwar bei 7,9 Prozent.

Michael Heise, Chef-Volkswirt von HQ Trust vermutet, dass Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket den Preisanstieg im Juni um etwa 0,9 Punkte gedämpft haben. Das hieße, dass die Inflationsrate ohne diese beiden Schritte bei 8,5 Prozent gelegen hätte. Für Verbraucher sei die Juni-Rate „kaum mehr als eine Atempause und nicht ein Wendepunkt der Inflation.“ Den Höhepunkt der Inflationsrate erwartet der frühere Chef-Volkswirt der Allianz im September. Nach Ansicht von Marco Wagner von der Commerzbank hat vor allem das Neun-Euro-Ticket für die Abschwächung gesorgt und „stärker durchgeschlagen als von uns erwartet“. Es sei aber kaum ein Signal dafür, dass die Zeit der kräftigen Teuerung allmählich zu Ende gehe. Vor allem Lieferengpässe würden die Inflation weiter anheizen. Solange China an seiner Null-Covid-Politik festhalte, immer wieder Millionenstädte abriegele und Produktion und Infrastruktur stilllege, würden sich die Liefer- und Materialengpässe noch verschärfen und die Kosten treiben.

Dem Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater, bereitet die gefühlte Inflation, also die Wahrnehmung der Preissteigerungen durch Verbraucher im Alltag, Sorgen „Die liegt unseren Berechnungen zufolge mittlerweile bei 18 Prozent und damit so hoch wie nie.“ ROLF OBERTREIS

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