München – MAN hat am Dienstag in einer Betriebsversammlung ein neues Arbeitsmodell vorgestellt. Die Büro-Arbeiter des Nutzfahrzeugherstellers müssen künftig nur noch einmal in der Woche in den Betrieb kommen. 20 Tage im Jahr dürfen sie sogar aus dem europäischen Ausland arbeiten. Die Regeln werden zunächst für fast 4600 Beschäftigte im Stammwerk München-Allach gelten. Sie wurden im Rahmen einer Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgebervertretern und dem Konzern beschlossen.
Herr Puls, die Münchner Mitarbeiter von MAN können künftig vier Tage pro Woche Homeoffice machen. Wieso führen Sie diese Regelung ein?
Wir wollen unserer Belegschaft einen möglichst großen Freiraum geben und ihnen so ein zeitgemäßes und selbstbestimmtes Arbeiten ermöglichen. Die Mitarbeiter können in Abstimmung mit ihren Vorgesetzten mobil arbeiten. Bis zu 20 Tage im Jahr können sie sogar aus dem europäischen Ausland arbeiten. Das passt zu unserer auf Vertrauen basierenden Führungskultur, und auch das Feedback unserer Mitarbeiter zu der neuen Regelung ist sehr positiv.
MAN hat in den vergangenen Jahren viele Arbeitsplätze abgebaut, auch in München. Wollen Sie das Unternehmen jetzt wieder attraktiv für neue Bewerber machen?
Natürlich geht es darum, für Mitarbeiter attraktiv zu sein. Denn auch wir werden nicht vom Fachkräftemangel verschont. Wir fördern die interne Rotation, arbeiten also daran, innerhalb des Unternehmens Jobs ressortübergreifend neu zu vergeben. Und mittelfristig wollen wir natürlich auch wieder von außen gute neue Leute an Bord holen, zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung.
Wie produktiv ist Ihre Belegschaft denn zu Hause?
In zwei Pandemie-Jahren haben wir viele gute Erfahrungen mit dem Arbeiten von den unterschiedlichsten Orten gemacht. In dieser Zeit hat ein Großteil der Angestellten und Führungskräfte, bei denen das möglich war, von zu Hause gearbeitet. Sie haben komplizierte Aufgaben gemeistert und das Unternehmen durch eine schwere Krise gesteuert. Das hat sehr gut geklappt.
Das Klischee vom Angestellten, der im Homeoffice während der Arbeitszeit Rasen mäht, ist also aus Ihrer Sicht falsch?
Wenn jemand seinen Kindern Essen kocht oder mit ihnen Hausaufgaben macht, ist das völlig in Ordnung, solange die Arbeit dann danach erledigt wird. Wir vertrauen unseren Mitarbeitern, deshalb haben wir Vertrauensarbeitszeit. Genau darum geht es ja, dass man den Menschen die Flexibilität gibt, selbst zu entscheiden.
Erwarten Sie im Gegenzug von Ihren Mitarbeitern die Flexibilität, dass sie im Urlaub Mails beantworten?
Nein. Wer Urlaub hat, soll auch Urlaub machen. Wir wollen Privatzeiten und berufliches Leben nicht vermischen.
Werden viele die Möglichkeiten voll ausschöpfen?
Wir gehen davon aus, dass etwa die Hälfte unserer Büromitarbeiter in Zukunft hybrid arbeiten wird. Im Durchschnitt maximal vier Tage mobil zu arbeiten kann heißen, dass man in der einen Woche wegen Terminen zwei oder drei Tage im Büro ist und in der nächsten Woche dafür gar nicht. Das wird also sehr individuell gehandhabt werden, wie das schon bisher der Fall war. Die einen arbeiten häufiger mobil, die anderen weniger – je nachdem, wie es zur Lebenssituation und den beruflichen Erfordernissen passt.
Bisher gilt das alles nur für das Werk in München. Werden bald andere Standorte folgen?
Ja, wir wollen diese Regelung auch auf unsere anderen deutschen Standorte ausweiten – weil wir auch hier auf Vertrauen setzen. Wir prüfen außerdem, was in unseren ausländischen Standorten möglich ist.
Interview: Andreas Höß