Piloten-Streik trifft 130 000 Fluggäste

von Redaktion

VON ROLF OBERTREIS

München/Frankfurt – Am heutigen Freitag hat die Lufthansa rund 800 und damit fast alle Lufthansa-Flüge an Drehkreuzen Frankfurt und München gestrichen, auch in Hamburg und Berlin werde es Einschnitte geben. 130 000 Passagiere seien betroffen. Auch am Samstag und Sonntag könnten Flüge ausfallen. Folgen hat das auch für Urlauber zum Ende der Schulferien in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland, weil Maschinen in Deutschland erst gar nicht abheben und damit auch für Flüge aus dem Ausland nicht zur Verfügung stehen. Betroffene Fluggäste informiert die Airline eigenen Angaben zufolge und bietet Alternativen an (siehe Kasten). Lufthansa-Personalchef Michael Niggemann reagierte empört. Ihm fehle jedes Verständnis für den Streik. Immerhin sind Flüge der Lufthansa-Tochter Eurowings vom Ausstand nicht betroffen.

Grund für den ersten Piloten-Ausstand seit Ende 2016 sind nach Angaben der Pilotenvereinigung Cockpit (VC) die gescheiterten Gehaltstarifverhandlungen. Lufthansa habe kein verbessertes Angebot vorgelegt und damit eine Chance vertan. „Um Arbeitskämpfe abzuwenden, muss Lufthansa ein deutlich verbessertes Angebot vorlegen“, sagt Marcel Gröls, Vorsitzender Tarifpolitik und Verhandlungsführer bei VC. „Aktuell liegen wir zu weit auseinander.“ VC fordert rückwirkend ab 1. Juli eine Gehaltserhöhung um 5,5 Prozent und ab 1. Januar 2023 einen automatischen Inflationsausgleich, der bis zu einem Prozentpunkt über der aktuellen Inflationsrate liegen soll. Laut Niggemann fordert VC für die Beschäftigten im Cockpit im Durchschnitt ein Monatsgehalt von mindestens 12 650 Euro.

Allerdings geht es der Pilotengewerkschaft dem Vernehmen nach auch um die Konzernstruktur. 2017 hatte die Lufthansa zugesagt, dass die rund 5000 Piloten auf Basis des Konzerntarifvertrags auf mindestens 325 Maschinen eingesetzt werden. Diese Zusage hatte der Vorstand in der Pandemie aufgekündigt. Angeblich arbeitet er an Plänen, außerhalb des Tarifvertrags einen kostengünstigeren Flugbetrieb für Europa (Arbeitstitel „Cityline 2“) aufzubauen. Dies trifft auf massiven Widerstand von VC.

„Die Arbeitgeberseite hat ein sehr gutes und ausgewogenes Angebot vorgelegt“, widerspricht Lufthansa-Personalvorstand Niggemann. Und dies trotz der nachwirkenden Lasten der Corona-Krise und unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft. Niggemann zufolge bietet Lufthansa den Piloten in zwei Stufen insgesamt eine um 900 Euro höhere Grundvergütung im Monat an bei einer Laufzeit von 18 Monaten, also bis Ende 2023. Dabei sei das Angebot sozial gestaffelt: Berufseinsteiger erhielten über die Laufzeit des Vertrages bis zu 18 Prozent mehr, ein Kapitän am Ende fünf Prozent mehr. Im Schnitt erhalten Chefs im Cockpit jährlich unterschiedlichen Angaben zufolge rund 270 000 Euro, also im Monat 22 500 Euro. Bei einem Aufschlag von fünf Prozent würden sie monatlich 1125 Euro mehr erhalten. Ein Copilot kommt im ersten Berufsjahr dem Vernehmen nach auf 69 000 Euro, also 5750 Euro im Monat. Bei einem Aufschlag von 18 Prozent würde es 1035 Euro mehr geben, also gut 81 000 Euro pro Jahr. Bei einem Kapitän wären es im Schnitt 283 500 Euro. Zudem gibt es für alle Beschäftigten im Cockpit einen Bonus, sollte die Lufthansa Gewinne erwirtschaften. Allerdings gilt auch: Piloten müssen ihre Ausbildung selbst bezahlen und die ist bei einem sechsstelligen Betrag teuer.

Laut Niggemann würden sich die Personalkosten um 16 Prozent erhöhen. Zähle man die Forderungen für mehr Geld bei Krankheit, Urlaub und Schulungen hinzu, gehe es sogar um ein Plus von 40 Prozent. „Dies ist, auch ohne die finanziellen Folgen der Corona-Krise zu berücksichtigen, außerhalb des Vertretbaren“, sagt Niggemann.

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