Berlin/München – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht seine Pläne, die deutschen AKW in Reserve zu halten, missverstanden – und kontert die Kritik von Isar-2-Betreiber Preussenelektra. Denn ein Hoch- und Herunterfahren der Anlagen sei nicht geplant. Vorgesehen sei vielmehr, „einmal zu entscheiden, ob man die Kraftwerke braucht oder nicht“. Das könne im Dezember, Januar oder Februar geschehen. „Das ist offensichtlich an den Technikern von Preussenelektra vorbeigegangen“, so Habeck.
Wie unsere Zeitung aus einem Brief der Preussenelektra-Geschäftsführung an das Wirtschaftsministerium erfuhr, hatte der Konzern angenommen, Habeck wolle die Atomkraftwerke nach ihrem geplanten Laufzeitende Ende 2022 herunterfahren und nur bei kurzfristigen Stromengpässen reaktivieren. Ein flexibles Anheben und Drosseln der Leistung aber sei aus dem Streckbetrieb heraus nicht machbar – weshalb der Konzern dem Plan eine Absage erteile. Robert Habeck dazu: „Ich hab den Brief von Preussenelektra mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen.“
Davon unberührt bleibt die Kritik am Plan, die AKW Ende Dezember vorerst herunterzufahren: „Dann nämlich ist mit den eingeschränkten Möglichkeiten eines solchen Reaktorkerns ein Wiederanfahren im fortgeschrittenen Streckbetrieb nicht und schon gar nicht kurzfristig innerhalb einer Woche machbar“, so Preussenelektra in ihrem Brief.
Auch die bayerischen Energieversorger kritisieren die Pläne der Bundesregierung zum geplanten Reservebetrieb der Atomkraftwerke – und fordern, die Anlagen am Netz zu lassen: „Die zwei süddeutschen Kernkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 im nächsten Winter lediglich in die Notfallreserve zu nehmen ist eine ideologisch motivierte Entscheidung der Bundesregierung“, sagt Detlef Fischer, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft unserer Zeitung.
„Wenn ich schon zwei Kernkraftwerke mit sehr günstigen Stromgestehungskosten in der Betriebsbereitschaft halte, dann lasse ich diese doch auch laufen, damit diese ihre preisdämpfende Wirkung am Strommarkt entfalten können“, so der Verbandschef weiter. Die Konsequenzen müssten sowohl die Stromverbraucher also auch die Steuerzahler stemmen.
„Wir machen viele Klimmzüge, damit die Stromversorgung diesen Winter gesichert ist. Wir holen alte Kohlekraftwerke mit hohen Schadstoffemissionen aus der Reserve, wissen nicht, wie man zu diesen Anlagen den Brennstoff herbringt“, sagt Fischer und spielt damit auf die niedrigen Flusspegel an, die den Kohletransport erschweren. Wegen der schlechten Lage der französischen Atomkraftwerke sei es außerdem nicht gewiss, dass diese ihre versprochenen – und einkalkulierten – Strommengen im kommenden Winter zuverlässig liefern können.
„Es gibt sicher Menschen in Bayern, die schlafen ruhiger, wenn auch die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet sind. Ich würde ruhiger schlafen, wenn sie im nächsten Winter durchlaufen würden“, so Fischer. MATTHIAS SCHNEIDER