Preisdeckel: Putins Drohungen verpuffen

von Redaktion

Brüssel – Die Europäische Union plant einen Preisdeckel für die Importe von Gas. „Das Ziel ist hier ganz klar. Wir müssen Russlands Einnahmen verringern, die Putin zur Finanzierung seines grausamen Krieges gegen die Ukraine verwendet“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Der russische Präsident Putin hatte zuvor gedroht, im Fall eines Gaspreisdeckels kein Gas mehr nach Europa zu liefern. „Wenn irgendwelche politische Entscheidungen getroffen werden, die den Verträgen widersprechen, werden wir sie einfach nicht erfüllen.“ Wenn es den russischen Interessen widerspreche, werde Russland weder Gas, noch Öl, noch Kohle liefern, sagte Putin bei einer Rede in Wladiwostok.

Von der Leyen zeigte sich unbeeindruckt. Europa arbeite hart daran, unabhängig zu werden vom russischen Gas. Seitdem Russland Lieferungen über Nord Stream 1 eingestellt hat, fließt nur noch sehr wenig russisches Gas über die Ukraine und die Türkei nach Europa. Von der Leyen sagte, russisches Gas mache nur noch neun Prozent der Gaseinfuhren in die EU aus, verglichen mit 40 Prozent zu Beginn des Krieges.

Mit den Gaspreisen ging es gestern weiter abwärts. Die Drohungen Putins mit einem völligen Lieferstopp könnten die Rohstoffmärkte nicht mehr beeindrucken. Die Preise für Gas waren am Freitag noch nach oben geschossen, nachdem Gazprom angekündigt hatte, die Lieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nicht wieder aufzunehmen. Der Terminkontrakt TTF für niederländisches Erdgas – das maßgeblich für das europäische Preisniveau ist – zur Lieferung im Oktober stieg um 30 Prozent. Gestern dann sackte der Preis wieder ab: und zwar unter den Wert vom vergangenen Donnerstag.

Ähnliche Entwicklung beim Rohöl: Das Barrel kostete gestern weniger als vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Im März waren noch 135 Dollar je Barrel zu bezahlen, gestern waren es nur noch 89 Dollar – ein Einbruch um ein Drittel und ein Preisniveau wie im Januar dieses Jahres. Marktbeobachter sehen damit eine wichtige Waffe Putins stumpf werden. Janis Kluge, Russland-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, bleibt aber vorsichtig. „Die Dinge können sich in den nächsten Tagen und Wochen stark verändern“, so Kluge. „Doch das ist bestimmt nicht die Marktreaktion, auf die es Putin abgesehen hat.“

Die Europäische Union will auch gegen die hohen Strompreise vorgehen. Verbraucher sollen mit Einnahmen aus übermäßigen Gewinnen von Energiefirmen entlastet werden. Unternehmen, die CO2-arm Energie produzierten, machten derzeit Zufallsgewinne, die nicht ansatzweise ihre Produktionskosten widerspiegelten, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. „Wir wollen diese unerwarteten Gewinne umleiten, um besonders betroffene Haushalte und Betriebe bei der Anpassung zu unterstützen.“ Das Gleiche gelte für „Zufallsgewinne“ von Unternehmen, die ihr Geschäft mit fossilen Brennstoffen machen, sagte von der Leyen.

Die Vorschläge ähneln den Plänen der Bundesregierung, übermäßige Gewinne von Stromproduzenten abzuschöpfen. Die EU-Staaten werden nun darüber beraten. „Das Ziel ist, Einfluss zu nehmen auf den Elektrizitätspreis, wohlwissend, dass er auch durch die globalen Umstände beeinflusst wird“, sagte von der Leyen.

Derzeit wird der Strompreis in Europa vor allem von teuren Gaskraftwerken bestimmt, die wegen der hohen Nachfrage zur Stromproduktion eingeschaltet werden. Da der Gaspreis vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine stark gestiegen ist, ist auch Strom teurer geworden. Andere Energiefirmen, die billiger Strom produzieren – etwa aus Wind, Sonne oder Atomkraft – machen große Gewinne, weil sie ihren Strom eben zu dem höheren Preis verkaufen können. Ein Teil dieser „Zufallsgewinne“ soll abgeschöpft und für die Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher genutzt werden. Aber auch Öl- und Gasunternehmen hätten große Profite gemacht, sagte von der Leyen. „Wir werden daher für solche Unternehmen einen Solidaritätsbeitrag vorschlagen. Denn alle Energiequellen müssen zur Bewältigung dieser Krise beitragen.“ Die Mitgliedstaaten sollten diese Einnahmen nutzen, um besonders betroffene Haushalte zu unterstützen und weiter in saubere, einheimische Energiequellen zu investieren. Am Freitag treffen sich die EU-Energieminister, um über die Optionen zu beraten.

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