Berlin – Die Bundesregierung sorgt für den Fall vor, dass kein Öl aus Russland mehr nach Deutschland fließt: Sie stellte den russischen Rohölimporteur Rosneft am Freitag unter die Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur. Das betrifft in erster Line die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt, aber auch zwei weitere Raffinerien in Baden-Württemberg und Bayern. Die Treuhandverwaltung wird an diesem Freitag wirksam und ist zunächst auf sechs Monate befristet. Die Kosten dafür haben die betroffenen Unternehmen zu tragen. Die drei Raffinerien, an denen Rosneft in Deutschland Anteile hat – PCK, Miro in Karlsruhe und Bayernoil in Vohburg – vereinen laut Wirtschaftsministerium rund zwölf Prozent der deutschen Erdölverarbeitungskapazität auf sich.
Hintergrund ist das Öl-Embargo gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs, das am 1. Januar 2023 greift. Die Bundesregierung hat sich auf EU-Ebene verpflichtet, auch auf russisches Pipelineöl zu verzichten. PCK ist darauf aber bisher angewiesen: Die Raffinerie wird seit Jahrzehnten über die „Druschba“-Pipeline mit russischem Öl beliefert. Der Mehrheitseigner Rosneft hatte nach Angaben des Wirtschaftsministeriums wenig Interesse an einer Abkehr von russischem Öl. Seit April ist auch die deutsche Gazprom-Tochter Gazprom Germania unter Treuhandschaft.
Der Bund schnürte nun ein „Zukunftspaket“, damit in Schwedt weiter Benzin und Diesel produziert werden können. Es hat einen Umfang von über einer Milliarde Euro, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte. Schwedt verarbeitete jährlich rund zwölf Millionen Tonnen Rohöl zu Kraftstoffen und Heizöl. 90 Prozent der Versorgung in Berlin und Brandenburg werden von PCK gestellt. Das Konzept zur Sicherung der Raffinerie sei eine „weitreichende energiepolitische Entscheidung zum Schutz unseres Landes“. Russland sei kein zuverlässiger Partner mehr, sagte der SPD-Politiker am Freitag. Die Bundesregierung tue alles dafür, die Versorgung mit Energie und insbesondere mit Erdöl in Deutschland zu sichern. Der Betrieb der betroffenen Raffinerien sei gefährdet, weil „zentrale kritische Dienstleister wie Zulieferer, Versicherungen, Banken, IT-Unternehmen, aber auch Abnehmer“ zu einer Zusammenarbeit mit Rosneft nicht mehr bereit gewesen seien, begründete Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Schritt.
Öl für Schwedt soll künftig über eine Pipeline aus dem Hafen Rostock kommen, zudem liefen Gespräche mit Polen über Öllieferungen, sagten Scholz und Habeck. Auch der Betrieb der Raffinerien im baden-württembergischen Karlsruhe und dem bayerischen Vohburg solle durch die Treuhandlösung gewährleistet werden, so das Wirtschaftsministerium. Die Mineralölraffinerie (Miro) in Karlsruhe ist nach Unternehmensangaben Deutschlands größte Raffinerie. Gesellschafter sind Phillips 66, Esso, Rosneft und Shell, der Standort hat 1100 Mitarbeiter, die aus Rohöl Produkte wie Benzin, Diesel oder Heizöl herstellen, insgesamt rund 14 Millionen Tonnen pro Jahr. Für den Südwesten Deutschlands ist Miro nach eigener Darstellung die wichtigste Versorgungsquelle für Mineralölprodukte. Die Raffinerie in Vohburg an der Donau nahe Ingolstadt stellt nach Angaben des Unternehmens Bayernoil unter anderem Flüssiggas, Benzin, Diesel und Heizöl her.
Erste Reaktionen fielen überwiegend positiv aus. Der Branchenverband Fuels und Energie nannte die Entscheidung nachvollziehbar. Der Koalitionspartner FDP trägt den staatlichen Eingriff mit. Auch der CDU-Politiker Jens Spahn signalisierte Zustimmung. Kritik kam vom Ostbeauftragten der Linksfraktion, Sören Pellmann, der die Abkehr vom russischen Öl überstürzt nannte.