Erzeugerpreise: Stärkster Anstieg seit 1949

von Redaktion

VON ROLF OBERTREIS

Frankfurt – In den nächsten Monaten drohen weiter deutliche Preissteigerungen und wahrscheinlich zweistellige Inflationsraten. Grund: Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte sind im August nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) gegenüber dem Vorjahresmonat um 45,8 Prozent gestiegen. Das ist der stärkste Anstieg seit Beginn der Erhebung dieser Preise im Jahr 1949. Preistreiber war erneut Energie. Hier waren die Preise im August 139 Prozent höher als vor einem Jahr. Gegenüber Juli meldet Destatis ein deutliches Plus von 20,4 Prozent.

Zumindest auf den ersten Blick sei dies ein weiterer Schock bei der Preisentwicklung, sagt Ralph Solveen, stellvertretender Chefvolkswirt der Commerzbank. Von einem „unfassbaren Preishammer“ spricht Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg. Wegen des neuerlichen Schubs bei den Energiepreisen sei wohl in den kommenden Monaten auch bei der Verbraucherpreis-Inflation mit „neuen Rekordwerten zu rechnen“, so Solveen. Im August hatte die Inflationsrate in Deutschland bei 7,9 Prozent gelegen.

Allerdings sieht Solveen auch Lichtblicke. Abgesehen von der Energie habe die Dynamik bei anderen Preisen abgenommen. „Dies macht Hoffnung, dass auch bei den Verbraucherpreisen in einigen Monaten der Hochpunkt der Inflation erreicht wird.“

Beim Erzeugerpreis-Index messen die Statistiker jeweils zum 15. eines Monats die Entwicklung der Preise für die im Bergbau, im verarbeitenden Gewerbe sowie in der Energie- und Wasserwirtschaft erzeugten und im Inland verkauften Produkte. Und da sieht es bei den Energiepreisen weiter düster aus. Dabei war Strom der Haupttreiber. Gegenüber dem Vorjahresmonat kletterten die Strompreise nach Angaben von Destatis um 174,9 Prozent. Bei Weiterverteilern waren es sogar 278,3 Prozent, für Sondervertragskunden 195,6 Prozent. Besser sah es für gewerbliche Anlagen mit tarifgebundenen Verträgen aus. Hier lag das Plus bei 12,9 Prozent. Auch bei den Strompreisen für Privathaushalte ist die Welle noch nicht angekommen. Sie erhöhten sich im Vorjahresvergleich im August im Schnitt „nur“ um 8,7 Prozent. Über alle Abnehmergruppen hinweg stiegen die Strompreise binnen Jahresfrist um 26,4 Prozent.

Auch bei Erdgas zeigt die Preiskurve weiter steil nach oben. Für Kraftwerksbetreiber kostete es im August 269,1 Prozent mehr als vor einem Jahr, Industriekunden mussten 264,9 Prozent mehr bezahlen. Handel, Gewerbe und Haushalte waren im Schnitt mit einem Plus von 90,9 und 83,8 Prozent ebenfalls stark von Preisausschlägen betroffen. Aber auch bei anderen Rohstoffen und damit wichtigen Vorprodukten geht es weiter nach oben.

Ökonom Solveen von der Commerzbank sieht in der Statistik eine „gemischte Botschaft“ und einen Hoffnungsschimmer darin, dass sich die Preise für Vorleistungsgüter – Energie ausgeklammert – im August gegenüber Juli kaum verändert haben. „Hier macht sich bemerkbar, dass viele Rohstoffpreise nicht weiter gestiegen oder sogar gefallen sind.“ Dies lasse hoffen, dass auch bei den Preisen für Konsumgüter bald der Hochpunkt erreicht werde. Allerdings könne ein erneuter Schub bei den Energiepreisen diese Hoffnung auch wieder zunichtemachen.

Artikel 6 von 7