Dax könnte weiter fallen

von Redaktion

VON ANDREAS HÖSS

Deutsche Anleger brauchen gerade gute Nerven. Nachdem es im Juni und August so ausgesehen hatte, als könnte sich die Lage an den Börsen beruhigen, fielen die Aktienkurse in den letzten Tagen wieder kräftig. Allein in dieser Woche verlor der deutsche Leitindex Dax fast fünf Prozent, seit Jahresbeginn summiert sich das Minus nun wieder auf 22 Prozent.

Glaubt man der Commerzbank, könnte es aber noch dicker kommen. Der Dax habe den Boden noch nicht erreicht, es fehle ein „finaler Ausverkauf“, schreibt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer in einer Analyse. Der Bärenmarkt – so nennt man anhaltende Börsencrashs von mehr als 20 Prozent – könne sich noch mehrere Monate hinziehen. Der Dax werde wohl auf neue Tiefs fallen. Dafür spreche auch, dass Analysten trotz der Rezessionsgefahr immer noch damit rechnen, dass die Dax-Konzerne Rekordgewinne einfahren. Würden diese hohen Erwartungen enttäuscht, werde das auch die Aktienkurse belasten, so Krämer.

Als Hauptgrund für weiter fallende Kurse führt Deutschlands zweitgrößte Privatbank aber die nach wie vor sehr restriktive Geldpolitik der US-Notenbank ins Feld. Ihre Zinserhöhungen dürften die US-Wirtschaft in eine Rezession stürzen. Doch weil die Teuerung in den USA weiter hoch ist, hat die US-Notenbank Fed in dieser Woche mit 0,75 Prozentpunkten den dritten riesigen Zinsschritt in Folge vollzogen. An der New Yorker Wall Street und an der Börse in Frankfurt rauschten daraufhin die Kurse nach unten. Denn steigende Zinsen sind Gift für die Wirtschaft und damit auch für den Aktienmarkt. Dort werde es erst dann wieder bergauf gehen, wenn die Fed die geldpolitischen Zügel wieder etwas lockerer lässt, schreibt Krämer. Damit sei „aber wohl erst im Frühjahr 2023 zu rechnen“, weshalb der Bärenmarkt vermutlich noch einige Monate weitergehen werde.

Doch wie weit können die Kurse noch fallen? Auch darauf hat die Commerzbank eine Antwort gesucht – und gefunden. Setze man die im Buchwert zusammengefassten Vermögen der Unternehmen im Dax ins Verhältnis zu ihren Aktienkurse, seien diese immer noch zu hoch. So fielen die Aktienkurse in früheren Börsencrashs wie dem Platzen der Internetblase im Jahr 2003, der Finanzkrise im Jahr 2009 oder dem Corona-Crash im Jahr 2020 auf das ein- bis 1,2-fache des Buchwerts. Heute notieren sie hingegen im Bereich von 1,3, weshalb die Kurse weiter nachgeben könnten. Ein Absturz auf das 1,0- bis 1,2-fache des Buchwertes entspreche einem Dax-Niveau von 9 600 bis 11 500 Punkten, so Krämer. Das heißt: Trotz der bereits hohen Verluste könnte der Dax im besten Fall um acht, im schlechtesten um weitere 23 Prozent fallen. Ob es so kommt, ist natürlich unklar. Bewahrheiten sich die Prognosen der Commerzbank aber, steht deutschen Aktionären noch ein sehr harter Winter bevor.

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