München – Die Allianz hat ehrgeizige Ziele zur CO2-Reduktion. Das Thema ist Chefsache. „Nachhaltigkeit ist ein essenzieller Teil unserer Strategie“, sagte Klaus-Peter Röhler gestern auf dem Autotag des Versicherers in Ismaning (Landkreis München). Röhler ist nicht nur Chef der Allianz Deutschland, auf Konzernebene sitzt Röhler im Vorstand der Münchner Allianz SE.
Der grüne Kurs hat Folgen: Die Allianz ist Deutschlands zweitgrößter Kfz-Versicherer, in Ismaning besitzt der Konzern eine eigene Automobil-Forschung, das Allianz Zentrum für Technik, kurz AZT. Seit Jahren sucht der Konzern hier nach Wegen, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. Das Motiv leuchtet ein: Sinkt die Zahl der Autounfälle, muss die Allianz weniger Schäden regulieren. Und neuerdings suchen die Auto-Forscher der Allianz nach Möglichkeiten, die CO2-Emissionen zu senken. „In der Autoversicherung sehen wir in einem nachhaltigen Schadenmanagement viele Hebel, die den Kohlendioxidausstoß deutlich reduzieren können“, sagte Röhler.
Wichtigster Hebel: Autos reparieren statt teure Ersatzteile zu verbauen. AZT-Chef Christoph Lauterwasser nannte als Beispiel die Außenwand eines Ford Fiestas. In weit über 60 Prozent der Fälle könne die Seitenwand nach einem Schaden repariert werden, sagte er. Werde nicht repariert, könne die Seitenwand aus dem Auto herausgetrennt und ein neues Teil eingeschweißt werden. Werde dann aber nicht sauber geschweißt, drohe Korrosion. Für das Fahrzeug sei es die bessere Variante, das ursprüngliche Teil am Auto zu lassen und zu reparieren. Und die CO2-Ersparnis liege bei 60 Prozent, die Geldersparnis bei rund 1700 Euro.
Als zweites Beispiel nannte Lauterwasser einen Sprung in der Windschutzscheibe eines VW ID.3. Bei einer Reparatur ließen sich im Vergleich zum Einbau einer Ersatzscheibe 99 Prozent der CO2-Emissionen einsparen, und das wäre auch noch 1200 Euro billiger.
Drittes Beispiel: Die Scheinwerfer eines VW ID.3. Gegenüber dem Einbau eines neuen Scheinwerfers ließen sich bei einer Reparatur 98 Prozent der CO2-Emissionen einsparen, die Kostenminderung liege bei knapp 1000 Euro pro Scheinwerfer.
„Würde man in Deutschland die Reparaturquote nur um zwei Prozentpunkte erhöhen, ließen sich rund 5000 Tonnen CO2 einsparen, das entspricht dem jährlichen Energieverbrauch von 860 Haushalten“, so Lauterwasser.
Aber warum wird nicht mehr repariert? Bei den Scheinwerfern sieht die Allianz die Politik in der Pflicht. In Deutschland sei nur die Reparatur des Scheinwerfergehäuses erlaubt, die Instandsetzung der Scheinwerferverglasung aber nicht zugelassen. „Leider werden durch diese Regelung Potenzial für Treibhausgasminderung und die finanzielle Entlastung der Autofahrer verschenkt“, beklagte Lauterwasser. In anderen europäischen Ländern sei das zulässig und von einer Reihe von Autoherstellern auch freigegeben. Das Bundesverkehrsministerium sollte daher den Weg für eine fachgerechte Instandsetzung durch die Werkstätten freimachen, forderte er.
Teilweise scheitert die Reparatur auch an den Werkstätten selbst: Lauterwasser sagte, von den Autoherstellern gebe es keinen aktiven Widerstand gegen mehr Reparaturen, aber er sehe „passiven Widerstand“ in den Vertragswerkstätten, denn deren Gewinnmarge hänge oft vom Umsatz ab – und der Einbau von Ersatzteilen bringt Umsatz. Lauterwasser sagte, die Allianz wolle einen Dialog mit der Branche führen.
Steigt die Reparaturquote auf breiter Front, würde nicht nur die Allianz selbst davon profitieren. Die CO2-Emissionen wären geringer, und Autofahrer müssten weniger für ihre Kfz-Police bezahlen – selbst diejenigen, die gar nicht bei der Allianz versichert sind.