Berlin/Straßburg – Bundesverkehrsminister Volker Wissing will mit einem Maßnahmenpaket den Ausbau des Ladenetzes für Elektroautos vorantreiben. „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, sagte der FDP-Politiker am Mittwoch. Deutschland wolle Leitmarkt für die E-Mobilität werden. Dafür brauche es aber Ladestationen, denn die E-Mobilität werde nur dann Akzeptanz finden, wenn Laden so einfach sei wie Tanken.
Das Kabinett beschloss einen neuen Plan dafür. Ziel der Bundesregierung sind eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte in Deutschland im Jahr 2030. Im September waren es laut Zahlen der Bundesnetzagentur rund 68 000, davon etwa 11 000 Schnelllader. Vor allem im ländlichen Raum gibt es große Lücken. So soll der Aufbau von Ladepunkten in Wohnvierteln oder an Tankstellen vorangetrieben werden. Der Plan sei mit der Wirtschaft sowie mit Ländern und Kommunen abgesprochen.
Der Bund erhofft sich zusätzliche Milliardeninvestitionen aus der Privatwirtschaft. „Die Automobilindustrie muss ihren Beitrag leisten“, fordert Wissing. Als schwierigste Aufgabe bezeichnete der Minister die Integration der Ladeinfrastruktur ins Stromnetz. Der Ausbau der Ladesäulen sei „eine der drängendsten Infrastrukturaufgaben für Deutschland“, sagte Hildegard Müller vom Automobilverband VDA. Die Autoindustrie werde prüfen, wie sie gekoppelt an den Markthochlauf der E-Autos eine Versorgung mit Strom sicherstellen könne. Sie werde ihren Beitrag leisten.
Das EU-Parlament in Straßburg hat ebenfalls am Mittwoch über den Ausbau der Ladesäulen abgestimmt. Die Parlamentarier wollen, dass entlang der Hauptverkehrsrouten in Europa alle 60 Kilometer eine PKW-Ladesäule steht. Bisher gibt es laut Branchenverband ACEA in zehn EU-Ländern nicht einmal alle 100 Kilometer einen Ladepunkt. 70 Prozent der Säulen finden sich zudem in nur drei Staaten: den Niederlanden, Frankreich und Deutschland.
Was den bisherigen Ausbau betrifft, gehört die Bundesrepublik in Europa damit zur Spitzengruppe. Sie bedeckt etwa neun Prozent der Fläche der EU, verfügt aber über 19 Prozent aller europäischen Ladestationen. Noch besser ist das Verhältnis jedoch in den Niederlanden, Belgien oder Österreich. In den Niederlanden stehen zum Beispiel 29 Prozent aller europäischen Ladepunkte, obwohl das Land nur 0,8 Prozent der Fläche Europas bedeckt. Besonders schlecht ist die Quote dagegen in Spanien. Hier befinden sich trotz der Größe des Landes nur drei Prozent der europäischen Säulen (siehe Grafik).
Sowohl in der EU als auch in Deutschland ging es neben Elektroautos auch um elektrische Lkw. Hier gibt es noch besonders viel Aufholbedarf. Obwohl immer mehr elektrische Nutzfahrzeuge auf den Markt kommen, gibt es bisher so gut wie keine öffentlichen Lademöglichkeiten – sowohl in Deutschland als auch im Rest Europas. Das soll sich nun ändern.
Es sei ein wichtiger Schritt, dass auch Nutzfahrzeuge berücksichtigt wurden, sagt deshalb die Branche. „Leider sind die Ziele für den Zeitplan und die Anzahl an Lkw-Ladestationen im Masterplan aber noch zu unkonkret“, hieß es bei der VW-Tochter Traton, zu der MAN und Scania gehören, zum deutschen Masterplan. Man brauche jetzt schnellstmöglich eine flächendeckende Infrastruktur. Ohne sie gehe die EU-weite Vorreiterrolle Deutschlands verloren und man verpasse eine wichtige Chance, CO2 einzusparen. „Der Masterplan ist ein wichtiger Schritt, muss jetzt aber schnell in die Umsetzung kommen, damit die nötige Verbreitung von E-Lkw nicht durch eine mangelnde Verfügbarkeit der Lade-infrastruktur ausgebremst wird“, bestätigt auch Peter Ström, Geschäftsführer von Volvo Trucks Deutschland, die bereits sechs elektrische Lkw auf dem Markt haben.
ANDREAS HÖSS