Druck aufs Münchner Umland wächst

von Redaktion

VON MATTHIAS SCHNEIDER

München – Die Landeshauptstadt München verliert Einwohner ans Münchner Umland: Unter dem Strich sind 2021 rund 6300 Menschen aus München weggezogen, wie das Analysehaus Empirica Regio in einer Studie ermittelt hat. Eine Entwicklung, die bereits 2020 begonnen hat. Ziel ist dabei vor allem das Umland: Die meisten zogen in den Landkreis München, gefolgt von Fürstenfeldbruck, Pfaffenhofen a. d. Ilm, Ingolstadt und Ebersberg (siehe Tabelle).

Stephan Kippes, Leiter des auf Immobilien spezialisierten IVD-Instituts erklärt: „2021 lief es am Wohnungsbau in München nicht besonders gut. Dazu kommt, dass wir inzwischen 53,8 Prozent Einfamilienhaushalte haben – also immer mehr Fläche pro Person benötigt wird.“

Dadurch sei der Zuzug praktisch limitiert gewesen. Dazu kommt ein Pandemie-Knick: „Wir haben ein coronabedingtes Durchschnaufen erlebt: Viele haben im Homeoffice gearbeitet, statt nach München zu ziehen. Und viele Münchner haben sich durch die Heimarbeit nach günstigeren, größeren Wohnungen im Umland umgesehen.“ Immer mehr Menschen seien bereit, längere Fahrzeiten in die Städte auf sich zu nehmen – auch Landkreise in einer Entfernung von einer Stunde und mehr profitierten davon, sagte Jan Grade, Geschäftsführer von Empirica Regio.

Aber viel weiter wollen die Münchner auch nicht weg, zeigen die Zahlen des bayerischen Landesamtes für Statistik: Gut 17 000 Menschen zogen netto von München ins restliche Bayern. Dem gegenüber stehen unterm Strich knapp 2000 Zuzüge aus dem nicht-bayerischen Bundesgebiet – und rund 8800 aus dem Ausland.

Es ist ein lang anhaltender Trend: 2011 verlor München keine 5000 Menschen ans restliche Bayern. Dafür gab es noch 2500 Netto-Zuzüge aus dem restlichen Bundesgebiet. Stephan Kippes fasst zusammen: „Wenn die Entwicklung so bleibt, wächst auch der Druck auf das Umland.“

Hauptgrund: Es gebe in den Metropolen zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Den Umlandgemeinden wiederum bringe die Stadtflucht neben Chancen auch „Wachstumsschmerzen“, sagte Grade: Immer mehr Verkehr und Bedarf an Bauland. Zudem müssten sie das Angebot an Kitas und Schulen stärken sowie den ÖPNV und die Energieversorgung ausbauen.

Eine Entwicklung, die auch die anderen deutschen Metropolen betrifft: Netto verließen 2021 knapp 13 000 Menschen die Städte Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart, München und Berlin. Am meisten Federn lassen musste Köln: Fast 10 000 Menschen stark war der Netto-Exodus.

Ganz anders Berlin, wohin vergangenes Jahr unterm Strich über 16 000 Menschen zogen. Die Hauptstadt übte besonders auf Menschen aus dem restlichen Bundesgebiet (netto rund 8000) und dem Ausland (netto über 25 000) eine hohe Anziehungskraft aus, wie aus der Empirica-Regio-Studie hervorgeht.

Eine langfristige Stadtflucht erwartet Marktexperte Kippes jedoch nicht: „Dafür müsste es große wirtschaftliche Verwerfungen geben – und daran glaube ich nicht, weil München ein sehr diversifizierter Standort ist.“

Allerdings könnten größere Probleme am Bau den Zuzug weiter bremsen. Sorge bereiten hier die Material- und Kostenkrise. „Wir erwarten für München bis zum Jahr 2040 trotzdem ein jährliches Bevölkerungswachstum von 0,71 Prozent“, prognostiziert Kippes.  mit Material von dpa

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