San Francisco – Twitter kämpft schon seit Längerem mit Problemen: Der Kurzbotschaftendienst hat nicht annähernd so viele Nutzer wie andere große Online-Plattformen und enttäuscht Anleger immer wieder mit seinen Geschäftszahlen.
Pläne
Tesla-Chef Elon Musk hat angekündigt, Twitter zu neuer Größe führen zu wollen. Twitter sei „lange Zeit dahingedümpelt, hat aber ein unglaubliches Potenzial“. Der reichste Mensch der Welt, der Twitter von der Börse nehmen will, dürfte unter anderem auf einen Ausbau des kostenpflichtigen Angebots Twitter Blue setzen. Er scheint aber grundsätzlich anzustreben, Twitter zu einer App mit viel mehr Funktionen auszubauen, mit denen sich Geld gewinnen lässt, darunter womöglich einer Bezahlfunktion. Anfang Oktober erklärte Musk, der Kauf von Twitter sei ein Schritt hin zur Schaffung von „X, der Alles-App“. Vorbild könnte die chinesische App WeChat sein, die als sogenannte Super-App viele Funktionen in sich vereint. Musk strebt langfristig eine Milliarde Twitter-Nutzer an. Im Sommer lag die Zahl der täglich aktiven Nutzer nach Unternehmensangaben bei rund 238 Millionen.
Umbau
Musk machte nach dem Vollzug der Übernahme gleich Tabula rasa: Er feuerte unter anderem Twitter-Chef Parag Agrawal, Finanzchef Ned Segal und Chefjuristin Vijaya Gadde. Überraschend kommt dieses radikale Vorgehen für Experten nicht: „Musk wird Direktoren einsetzen, die ihm wohlgesonnen sind, er wird ein neues Management einsetzen“, hatte etwa der Juraprofessor Adam Badawi von der kalifornischen Universität Berkeley prophezeit.
Ob Musk für sich selbst den Posten des Chief Executive Officers (CEO) anstrebt, darf bezweifelt werden. Er hat als Chef des Elektroautobauers Tesla und des Weltraumunternehmens SpaceX bereits alle Hände voll zu tun.
Doch nicht nur Spitzenmanagern könnte es bei Twitter an den Kragen gehen: Die „Washington Post“ berichtete kürzlich, Musk wolle nach einer Übernahme von Twitter fast drei Viertel der Belegschaft entlassen. Der Milliardär will demnach die Zahl der Mitarbeiter von 7500 auf rund 2000 senken. Ein solcher Kahlschlag könnte die Fähigkeit von Twitter einschränken, Inhalte zu moderieren und Netzwerke und Daten zu schützen.
Inhalte
Musk gibt sich als radikaler Vertreter des Rechts auf Redefreiheit. Kritiker befürchten deswegen, dass der streitbare Multimilliardär die Moderation von Inhalten etwa im Kampf gegen Hassbotschaften und Falschinformationen auf ein Minimum zurückfahren wird. So wurde vermutet, dass Musk die Verbannung des früheren US-Präsidenten Donald Trump von Twitter zurücknehmen könnte. Der Kurzbotschaftendienst hatte Trumps Konto nach der Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar 2021 und angesichts von Befürchtungen vor weiterer Gewalt gesperrt.
Musk kündigte an, ein neues Gremium zum Umgang mit kontroversen Inhalten zu schaffen. Bevor ein solcher Rat zusammentrete, solle es keine großen Entscheidungen zur Inhalte-Politik oder der Wiederherstellung von Accounts geben, schrieb Musk am Freitag bei Twitter. Das würde bedeuten, dass Trumps Account zumindest nicht umgehend wieder freigeschaltet werden dürfte. Details zum dem Gremium gab Musk zunächst nicht bekannt. Beim Facebook-Konzern Meta gibt es schon seit einiger Zeit ein Expertengremium, das etwa die Löschung von Beiträgen und die Sperrung von Accounts rückgängig machen kann.