München/Hamburg – Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie hat die IG Metall am Samstag mit Warnstreiks begonnen. Unmittelbar nach Ablauf der Friedenspflicht um Mitternacht legten mehrere Tausend Beschäftigte in ausgewählten Industriebetrieben die Arbeit für einige Stunden nieder. Auch in Bayern hat es Arbeitsniederlegungen gegeben. Nach Angaben der Gewerkschaft IG Metall beteiligten sich in der Nacht zum Samstag mehr als 1300 Beschäftige an der Aktion. Weitere Warnstreiks sind am Montag geplant.
Demnach beendete die komplette Nachtschicht bei Bosch in Bamberg mit 1000 Mitarbeitenden in allen Werksteilen ihre Arbeit vier Stunden früher. Auch beim Elektronikhersteller RF 360 in München, bei den Autozulieferern Mahle-Behr in Neustadt an der Donau und ZF in Auerbach in der Oberpfalz, bei Siemens Healthineers in Kemnath und im Gabelstapler-Werk von Linde im unterfränkischen Weilbach beteiligten sich die Beschäftigten der IG Metall zufolge an den Warnstreiks ab Mitternacht.
Die Arbeitgeber hatten in den bislang regional geführten Verhandlungen jeweils Einmalzahlungen von 3000 Euro und zudem bei einer Laufzeit von 30 Monaten eine nicht bezifferte Erhöhung der Lohntabellen angeboten. Die Einmalzahlung soll steuer- und abgabenfrei direkt bei den Beschäftigten ankommen. Die Gewerkschaft verlangt hingegen für einen Zeitraum von zwölf Monaten dauerhaft acht Prozent mehr Geld für die rund 3,9 Millionen Beschäftigten.
Der Bezirksleiter der IG Metall Bayern, Johann Horn, sagte, dass mit den Warnstreiks der Druck auf die Arbeitgeber erhöht werden solle, um in der nächsten Verhandlungsrunde ein deutlich besseres Angebot zu bekommen. Am 8. November sollen die Tarifverhandlungen in Bayern weitergehen.
Gewerkschafter berichteten außerdem von Streikaktionen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Baden-Württemberg. In Nordrhein-Westfalen wurden beispielsweise sechs Betriebe bestreikt, unter anderem Thyssen-Krupp in Hohenlimburg und Miele in Bielefeld. In Rheinland-Pfalz legten rund 300 Beschäftigte bei einer Tochter von ThyssenKrupp in Andernach um Mitternacht die Arbeit nieder.
Die Forderung der IG Metall ist die höchste in der Branche seit dem Jahr 2008. Die Inflationsrate in Deutschland lag im Oktober bei 10,4 Prozent. Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann sagte der „Bild am Sonntag“: „Während die Unternehmen höhere Kosten oft in den Preisen weitergeben, sind die Beschäftigten der Hammerinflation ausgeliefert.“ Er forderte einen „Entgelt-Turbo, sonst drohen Wohlstandsverluste“.
In Hamburg sagte der IG-Metall-Bezirksleiter Daniel Friedrich am Samstag zu den Streikenden: „Außer einer Einmalzahlung haben die Arbeitgeber bisher nichts Konkretes zu bieten. Dafür bekommen sie jetzt die Antwort der Beschäftigten.“ Der erste Bevollmächtigte der IG Metall Heilbronn-Neckarsulm, Michael Unser, betonte die „Entschlossenheit und Leidenschaft in dieser Tarifrunde, ganz einfach, weil der private Konsum einen Löwenanteil daran trägt, dass die deutsche Wirtschaft läuft“. dpa