München – Dem bayerischen Baugewerbe geht es nicht mehr so gut wie in den vergangenen Jahren. Von einem Konjunktureinbruch kann aber trotz hoher Baukosten, steigenden Zinsen und Lieferschwierigkeiten noch keine Rede sein, betonte Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des Landesverbands Bayerischer Bauinnungen (LBB). Die Einschätzung, die Schubert-Raab in München vorstellte, stützt sich auf eine Befragung, an der 415 Unternehmen teilgenommen hatten.
Darin gaben über 70 Prozent der Teilnehmer an, ihre Geschäftslage sei zufriedenstellend bis gut. Einzig im öffentlichen Hochbau stuften über 40 Prozent die Lage als schlecht ein. Insgesamt wollen die befragten Baufirmen aber weiter neue Mitarbeiter einstellen. Über die Hälfte will Lehrlinge halten, 28 Prozent der Firmen wollen die Zahl der Auszubildenden erhöhen. Schon in den vergangenen zehn Jahren hatte sich die Zahl der Beschäftigten in Bayerns mittelständischen Bauunternehmen von rund 131 000 auf 174 000 erhöht.
Allerdings werde schon heuer der reale Umsatz der Unternehmen – bereinigt um Preissteigerungen – voraussichtlich etwa sieben Prozent unter dem des Vorjahres liegen. Im kommenden Jahr soll der reale Umsatzrückgang nach LBB-Prognose zwischen sieben und elf Prozent betragen. Das liegt auch an Materialkostensteigerungen, die im Jahr 2023 anhalten dürften. Zwar sei derzeit wieder fast alles verfügbar; 60 Prozent der befragten Firmen würden aber mit einer starken Erhöhung der Einkaufspreise bei Mauersteinen, Ziegeln, Betonen oder anderen Baustoffen im nächsten Jahr rechnen. Die Kosten seien zuletzt um 25 bis 30 Prozent gestiegen, berichtete Schubert-Raab. Auch ihm sei ein solcher Wert seit der Nachkriegszeit völlig neu.
Die Bauwirtschaft, die laut LBB-Sprecher Holger Seit zuletzt ein Stützpfeiler der Konjunktur war, rechnet nun mit einer Verschlechterung der Geschäftslage. Am pessimistischsten sind die Erwartungen für den Wohnungsbau: Gut 75 Prozent der Befragten rechnen hier mit schlechteren Geschäften.
Eine Chance für die Unternehmen könnte künftig das sogenannte zirkuläre Bauen werden. Das Wiederverwenden, etwa von abgerissenem Beton, sei bereits möglich und in anderen Ländern wie der Schweiz bereits Standard. In Deutschland sei das Recyceln derzeit noch teurer als neue Rohstoffe. Mit steigenden Energiepreisen und dem Ruf nach nachhaltigem Bauen biete dieses Thema aber „große Chancen“ für die Baubranche. „Wir haben so viele Rohstoffe in den Städten gebunden, dass wir sie als Quelle verstehen und nutzen müssen.“ Hier müsse die Branche „schneller und besser“ werden. JONAS NAPILETZKI