US-Patriot-Raketen kommen künftig aus Schrobenhausen

von Redaktion

VON MARTIN PREM

Schrobenhausen – Gerade diskutiert die Nato, ob das US-Raketen-Abwehrsystem Patriot der Ukraine zur Abwehr russischer Luftangriffe zur Verfügung gestellt werden soll – da lässt eine Meldung aufhorchen, die das System für Jahrzehnte zum Rückgrat der nicht gerade leistungsfähigen Raketenabwehr in Deutschland machen könnte: Der US-Hersteller Raytheon und der europäische Rüstungskonzern MBDA haben einen strategischen Fahrplan für die Produktion von Patriot-Abfangraketen in Deutschland entwickelt, teilten die beiden Konzerne mit.

Laut MBDA wollen beide Partner eine Fertigungslinie in Schrobenhausen sowohl für die Bundeswehr als auch für die europäischen Nato-Nutzer der Rakete aufbauen.

Nun ist das Umland von Schrobenhausen für raketenförmige Ackerfrüchte bekannt – der Hopfen. Doch in einem kleinen Wald nahe des oberbayerischen Städtchens liegt etwas versteckt die Zentrale eines Unternehmens, das zu den weltweit führenden Anbietern militärischer Flugkörper gehört. MBDA ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Airbus, BAE-Systems (Großbritannien) und Leonardo (Italien). Nur ein Überflugverbot deutet an, dass über dem Wald Dinge in der Luft sein könnten, mit denen man als Flieger besser nicht in Kontakt kommt. Es ist jedenfalls Hochtechnologie. Kaum ein anderes Unternehmen in der westlichen Welt ist beispielsweise so weit bei der Entwicklung, aber auch der Abwehr von Hyperschall-Geschossen wie MBDA.

Nun also ein historischer Vorschlag. Noch nie wurde eine Patriot-Rakete außerhalb der USA gebaut. Und es handelt sich bei den Plänen nicht um eine Lizenzfertigung alter Systeme. „Damit Patriot auch im aktuellen Bedrohungsumfeld eine glaubwürdige Abschreckung bleibt, ist es notwendig, Fähigkeit und Kampfkraft des Systems zu erhalten, auszubauen und weiterzuentwickeln“, heißt es in der gestrigen Erklärung der beiden Unternehmen.

Patriot dient der Abwehr von Marschflugkörpern, ballistischen Mittelstreckenraketen und von Flugzeugen. Es hat mit rund 70 Kilometern eine deutlich höhere Reichweite als das deutsche System Iris T, das bereits in der Ukraine im Einsatz ist.

Tatsächlich war Patriot bei seiner Einführung vor knapp einem halben Jahrhundert allen Konkurrenten weit voraus, ist aber inzwischen in die Jahre gekommen. Offenbar soll MBDA auch eigene Technologien einbringen, um das Abwehrsystem, etwa beim Antriebsmotor, dauerhaft auf einen modernen Stand zu bringen – noch für viele Jahre. Beide Partner nennen das Projekt Patriot 2048.

Während bisher die US-Rüstungsindustrie den Ruf hat, eigene Technologien und Fähigkeiten auch gegenüber den Nato-Partnern eifersüchtig zu verbergen, deutet sich nun ein Stück mehr Offenheit an. Ähnlich wie beim Mondlandeprogramm Artemis, bei dem Technologie aus Bremen an Bord ist, über die die NASA aus eigener Kraft nicht verfügt, scheint man jenseits des Atlantiks die europäische Konkurrenz auch im Bereich Rüstung ernster zu nehmen als in der Vergangenheit.

MBDA soll eigene Technik einbringen

USA zeigen mehr Offenheit

Artikel 5 von 5