Bremen/München – Eine Epoche der europäischen Raumfahrt neigt sich ihrem Ende zu. Noch vor Weihnachten wird von Bremen aus die letzte Oberstufe der Ariane 5 zum europäischen Raumfahrtbahnhof Kourou (Französisch-Guayana) transportiert. Die Ariane 5 soll 2023 von der neuen Ariane 6 abgelöst werden. Das in fünf Generationen Raketenbau entwickelte Know-how soll jetzt auch anderen Branchen zugutekommen.
Ein Vierteljahrhundert lang galt die Ariane 5 als eine der zuverlässigsten Trägerraketen in den erdnahen Weltraum. Besonders wichtig dabei: die Expertise für den Umfang mit dem Raketentreibstoff Wasserstoff. Vor allem die Betankung ist ein höchst anspruchsvolles Verfahren, weil das extrem flüchtige Gas erst bei extrem tiefen Temperaturen flüssig wird und in die Tanks gefüllt werden kann.
Airbus setzt auch beim Flugzeug auf Wasserstoff und rüstet in Toulouse eine doppelstöckige A380 zum fliegenden Prüfstand für den Testbetrieb mit dem extrem leichten Gas um. Das riesige Flugzeug wird zwar immer noch von vier herkömmlichen Kerosin-Triebwerken bewegt. Doch das Entscheidende ist ein kleiner Zusatzmotor, der aus Wasserstoff in einer Brennstoffzelle elektrische Energie erzeugt und über einen Elektromotor einen Propeller antreibt. Daraus will Airbus praxistaugliche Antriebe für die Zukunft entwickeln.
Beim Umgang mit dem Zukunfts-Treibstoff will der Flugzeugbauer das Rad nicht zum zweiten Mal erfinden und greift auf den Erfahrungsschatz seiner Raketen-Tochter zurück. Sie soll die Infrastruktur für die Betankung bereitstellen. Ariane-Chef André-Hubert Roussel spricht von einem „Vertrauensbeweis für ein halbes Jahrhundert Erfahrung im Flüssigwasserstoff-Antrieb“.
Aus dem Airbus Demonstrationsprogramm soll bis 2035 ein erstes serientaugliches emissionsfreies Flugzeug entwickelt werden. Allerdings dürfte ein solches Flugzeug mit Wasserstoff-Antrieb dem Versuchsträger und bisherigen Serienflugzeugen kaum mehr ähnlich sein.
Die Tanks – bei bisherigen Konstruktionen in den Flügeln untergebracht – müssen weitaus größere Durchmesser haben als die bisherigen Kerosin-Behälter. Sie passen deshalb nach Vorstellungen, die in München beim Bauhaus Luftfahrt entwickelt wurden, nicht mehr in die Flügel, sondern nur in den Rumpf, wo bisher Raum für Gepäck und Passagiere ist. Das erfordert völlig neue Flugzeugkonstruktionen. MARTIN PREM