Wilhelmshaven – Die „Höegh Esperanza“ ist schon in Sichtweite, als Bundeskanzler Olaf Scholz zum Funkgerät greift. „Willkommen in Deutschland“, ruft er dem kroatischen Kapitän Denis Draskovic auf Englisch zu. „Wir sind sehr froh, Ihr Schiff zu sehen.“ Scholz steht in eine knallgelbe Arbeitsschutzjacke gehüllt auf dem Deck des Ausflugsschiffs „Helgoland“. An diesem Samstag sind rund 400 geladene Gäste an Bord, um die „Esperanza“ willkommen zu heißen.
Das 294 Meter lange Schiff, das an einem kilometerlangen Anleger vor Wilhelmshaven liegt, ist das erste schwimmende Flüssigerdgas-Terminal Deutschlands. Mit dem Funkspruch des Kanzlers gilt es als eröffnet. Der Name des riesigen Tankers ist Programm. Esperanza ist das spanische Wort für Hoffnung. Und genau das ist es, was von der Einweihung ausgehen soll: ein Hoffnungssignal nach fast einem Jahr Krieg, Energiekrise und Inflation.
Das russische Gas, das einst 55 Prozent der deutschen Gesamtversorgung ausmachte, fließt nicht mehr. Es muss dringend Ersatz her. Und die LNG-Stationen spielen dabei die zentrale Rolle. Insgesamt sechs schwimmende Terminals sollen möglichst bis Ende nächsten Jahres an Deutschlands Küsten entstehen. Über sie soll etwa ein Drittel des deutschen Gas-Bedarfs gedeckt werden können.
Das Terminal in Wilhelmshaven ist für Scholz nicht nur Symbol für die „Zeitenwende“, sondern auch für mehr Pragmatismus. Nicht einmal zehn Monate hat es gedauert, bis es nun ans Netz geht. „Das ist neuer Weltrekord, aber das ist auch die Deutschland-Geschwindigkeit, die wir jetzt immer an den Tag legen wollen“, sagt er.
Das Terminal sorgt aber nicht nur für Freude. Umwelt- und Klimaschützer laufen Sturm gegen die Anlage. Für Verärgerung sorgt, dass die „Höegh Esperanza“ bis zu 178 Millionen Kubikmeter mit Chlor und anderen Chemikalien versetzte Abwässer in die Nordsee einleiten will. Das geht aus Unterlagen hervor, die für die Genehmigung vorgelegt wurden. Das Chlor wird zur Säuberung von Meerwasser-Rohren verwendet.