München – Die Lage der bayerischen Metall- und Elektroindustrie hat sich seit dem Sommer stabilisiert, besonders die Auslandsgeschäfte liefen besser. Demnach bewertet jedes zweite Unternehmen seine Lage als „gut“, wie eine Umfrage der Vereinigung der bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände bayme vbm unter 275 Unternehmen ergab.
Doch es gibt auch Schattenseiten: Neun Prozent der Befragten rechnen für das laufende Jahr mit Verlusten, sechs Prozent nur mit einer schwarzen Null. Auch die Erwartungen für das kommende Jahr sind schlecht: „Hohe Kosten, eine gefährdete Versorgungssicherheit mit Energie, die sich abkühlende Weltkonjunktur und vielfältige geopolitische Risiken verunsichern und belasten unsere Unternehmen“, sagte Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. „Zeitgleich entwickelt sich der Arbeits- und Fachkräftemangel zur Belastungsprobe und zum Wachstumshemmnis für unsere Industrie“.
Angespannt bleibt auch die Lieferketten-Situation. Knapp die Hälfte der Unternehmen leiden mittelmäßig bis stark unter fehlenden Rohstoffen und Vorprodukten – und fast alle unter verspäteten Lieferungen. Dieses Problem werde sich kommendes Jahr immerhin voraussichtlich nicht verstärken: „Wir erwarten eine Erholung ab dem Frühjahr 2023, die sich im Herbst 2023 verlangsamen wird. Im Jahresdurchschnitt 2023 wird die Produktion auf dem Niveau von 2022 liegen“, so Brossardt.
Gleichwohl fürchtet die Branche durch die Alterung der Gesellschaft den Fachkräftemangel. Sie stellt deshalb neue Arbeitskräfte ein: „Bis September haben die bayerischen M+E-Unternehmen mehr als 11 000 Stellen geschaffen. Bis zum Jahresende kommen noch 4000 hinzu. Im kommenden Jahr erwarten wir einen Anstieg der Beschäftigung um rund 10 000 Stellen“, so Brossardt. Um die Renteneintritte auszugleichen, brauche es langfristig mehr Zuwanderung: „Bis 2035 verlieren wir bis zu 700 000 Erwerbstätige.“ Deshalb „begrüßen wir die aktuellen Entwicklungen bei der gesetzlichen Anpassung der Fachkräftezuwanderung.“
Auch die Rente mit 67 müsse umgesetzt werden – „selbstverständlich nur für die, die auch können“, schränkte Brossardt ein. „Ein riesiges Potenzial steckt auch in Teilzeitkräften, die wir für die Vollzeit gewinnen müssen“, so der vbm-Hauptgeschäftsführer der Verbände. Das richte sich mehrheitlich an Frauen. „Dafür müssen natürlich die passenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wir müssen um die Menschen werben.“
Bedenklich: Der Standort Bayern hat an Attraktivität verloren: Laut vbm wollen nur 28 Prozent der Unternehmen ihre Investitionen im Freistaat erhöhen: „Davon entfallen aber 23 Prozent auf Erweiterungen“, so Brossardt. In Sachen Energiepreisbremse kritisierte er die EU-Vorgaben als zu eng. „Für die kommenden Monate hoffen wir, dass die Gas- und Strompreisbremse ihre entlastende Wirkung für die Unternehmen entfaltet. Andernfalls würde dies zu einer konjunkturellen Talfahrt führen.“
Langfristig müsse in Bayern die grundlastfähige Wasserkraft in den Fokus gerückt werden. „Die Biomasse muss neuen Schwung bekommen und auch beim Windkraftausbau müssen wir jetzt deutlich und schnell vorankommen“, forderte Brossardt. „Bei der Photovoltaik kommt es darauf an, wie schnell wir die Speicher voranbringen. Es ist aber gut, dass jetzt – unerwarteterweise – wieder Pumpspeicherkraftwerke auf der Agenda stehen.“ Für den Moment befürwortet Brossardt außerdem einen Weiterbetrieb derdrei Atomkraftwerke.