München – Wenn Patente ein Indiz für die Zukunftsfähigkeit von Volkswirtschaften sind, ist es eine für Deutschland und Europa ermutigende Studie. Das europäische Patentamt (Epa) und die Internationale Energieagentur (IEA) haben in ihr erstmals überhaupt alle globalen Patentaktivitäten entlang des Energieträgers Wasserstoff (H2) ausgewertet. Erfinder aus Reihen der Großkonzerne Linde, Siemens, Bosch und BASF sowie Start-ups hieven Deutschland in Europa an die Spitze der Patentstatistiken. Das Ruhrgebiet und München seien dafür zwei weltweit führende Forschungszentren.
Um die Klimaziele zu schaffen, reichen die Anstrengungen aber nicht aus, warnen die Experten von Patentamt und IEA. „Es sind noch dringend Innovationen bei einer Vielzahl von Technologien erforderlich, wenn Wasserstoff eine wichtige Rolle bei der Verringerung der Kohlendioxidemissionen und der Bewältigung des Klimawandels spielen soll“, betont Patentamtschef Antonio Campinos. Das Potenzial von H2 zu nutzen sei ein wesentlicher Bestandteil der EU-Strategie zur Erreichung der Klimaneutralität. Aber es gebe noch Schwachstellen bei Patentaktivitäten entlang der H2-Wertschöpfungskette. So seien europäische Erfinder zwar erfolgreich bei H2-Innovationen zu dessen Speicherung, Verteilung und Umwandlung. Speziell bei Elektrolyseuren als einem technologischen Kern künftiger Wasserstoffwirtschaft habe Europa – mithin Deutschland – einen Vorsprung erreicht. Aber im Bereich Endanwendung konzentriere sich das meiste auf die Autoindustrie und Brennstoffzellen. Darüber würden jedoch wichtige Bereiche wie die Dekarbonisierung des Fern- und Luftverkehrs, Stromproduktion und Heizen oder Schwerindustrie noch zu sehr vernachlässigt.
Lichtblick sei laut der Studie H2-Nutzung zur klimafreundlichen Stahlherstellung, wofür jüngst viele Patente angemeldet wurden. „Wasserstoff aus emissionsarmen Quellen kann eine wichtige Rolle beim Übergang zu sauberer Energie spielen und hat das Potenzial, fossile Brennstoffe in Branchen zu ersetzen, in denen es nur wenige saubere Alternativen gibt wie im Fernverkehr und der Düngemittelproduktion“, erklärt IEA-Exekutiv- direktor Fatih Birol.
Die Studie zeige, dass Innovatoren auf den Bedarf wettbewerbsfähiger Ketten zur H2-Versorgung reagieren. Sie decke aber auch noch bestehende Schwachstellen auf. Innerhalb der Triade EU, USA und Japan sind europäische Erfinder mit Blick auf H2-Technologien nach der Studie, die das Jahrzehnt von 2011 bis 2020 analysiert hat, am aktivsten gewesen. Das ist ein Indiz für Chancen zur Ansiedelung von Wasserstoffwirtschaft vor der eigenen Haustür. Die weltweit innovativsten Regionen konkurrieren derzeit um die erste Phase der industriellen Einführung, konstatieren Patentamt und IEA. Die Studiendaten würden darauf hindeuten, dass Europa als Standort für Investitionen in neue Produktionskapazitäten für Elektrolyseure an Vorsprung gewinnt. Hier zeichne sich ein Boom ab. Allerdings halten die USA aktuell gerade mit finanziellen Anreizen zur Ansiedelung klimafreundlicher Zukunftstechnologien in vielfacher Milliardenhöhe dagegen. Das hat zwischen der EU und den USA jüngst für einige Verstimmung gesorgt. Als innovativer bei Wasserstoff haben sich zuletzt aber klar europäische Erfinder gezeigt. Allein auf deutsche Forscher entfallen elf Prozent aller H2-Patentanmeldungen weltweit. THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN