8000 Lehrstellen im Handwerk frei

von Redaktion

VON SEBASTIAN HÖLZLE

München – Trotz einer überraschend widerstandsfähigen Konjunktur ist es den bayerischen Handwerksbetrieben im vergangenen Jahr nicht gelungen, Personal aufzubauen. „Die Beschäftigungsentwicklung verlief 2022 unbefriedigend“, sagte Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern und des Bayerischen Handwerkstages, gestern in München. Auch zum Jahresende sei keine Wende gelungen.

Laut der gestern veröffentlichten Konjunkturumfrage der Kammern hätten lediglich zehn Prozent der befragten Handwerksbetriebe im Freistaat Beschäftigung aufgebaut, 17 Prozent hätten ihre Belegschaft reduziert.

„Nach unserer Schätzung waren im Jahresdurchschnitt 952 500 Personen im bayerischen Handwerk tätig.“ Dies sei ein Rückgang von 0,7 Prozent im Vorjahresvergleich. Bereits ein Jahr zuvor war die Zahl der Beschäftigten um 1,3 Prozent gesunken. Die Zahl der Handwerksbetriebe ging vergangenes Jahr in Bayern um 0,2 Prozent auf rund 209 000 zurück. Dabei war die große Mehrheit der Betriebe im Schlussquartal 2022 mit der Geschäftslage zufrieden. 41 Prozent der befragten Betriebe meldeten eine gute und 43 Prozent eine befriedigende Geschäftslage. „Die meisten Betriebe scheinen die Dauerkrise geschickt zu meistern“, sagte Peteranderl.

Dass trotz robuster Konjunktur Personal abgebaut wird, liegt nach Einschätzung von Frank Hüpers, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Handwerkstags, am demografischen Wandel. Im Handwerk gingen viele Beschäftigte mit 63 Jahren in Rente, während zu wenige junge Menschen nachkämen

Hüpers sagte, im vergangenen Jahr seien 8000 Lehrstellen im bayerischen Handwerk unbesetzt geblieben. „Dies zeigt: Die Nachwuchs- und Fachkräftesicherung ist das Megathema der Zukunft in unserem Wirtschaftsbereich.“

Hüpers widersprach auch einer am Dienstag veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung, die zu dem Ergebnis gekommen war, dass sich inzwischen immer mehr Abiturienten für eine Lehre entscheiden (wir berichteten). „Ich kann das für unseren Wirtschaftsbereich Handwerk nicht bestätigen“, sagte Hüpers. Der Trend zur Akademisierung sei nach wie vor deutlich vorhanden.

Wird die Zahl der Beschäftigten im Handwerk damit weiter sinken? „Das vermag ich nicht zu sagen. Aber die Sorge ist da, wenn jetzt die Babyboomer ausscheiden, die Zahl der Betriebe abnimmt und es nicht gelingt, junge Menschen für das Handwerk zu gewinnen“, sagte Hüpers. Als „Babyboomer“ gelten die geburtenstarken Jahrgänge zwischen 1955 und 1969.

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