BASF verlagert weitere Teile nach China

von Redaktion

VON MICHAELA NEHREN-ESSING, ALEXANDER STURM UND MATTHIAS SCHNEIDER

Ludwigshafen – Der weltgrößte Chemiekonzern BASF reagiert auf einen Gewinneinbruch in der Energiekrise und streicht unterm Strich 2600 Stellen weltweit. Fast zwei Drittel davon entfallen auf Deutschland, teilte der Dax-Konzern am Freitag mit. Der Abbau trifft auch das Stammwerk Ludwigshafen. Dort sind 700 Stellen in der Produktion von den Einschnitten betroffen. Wegen hoher Gaspreise schließt BASF zudem mehrere Chemieanlagen, darunter eine für Ammoniak und das Kunststoffvorprodukt TDI. Für dieses Jahr erwartet BASF einen operativen Ergebnisrückgang von bis zu 30 Prozent.

Der Chemiekonzern hatte schon im Herbst wegen der hohen Energiekosten und der schwachen Konjunktur ein Sparprogramm angekündigt. Damit will BASF ab 2024 jährlich 500 Millionen Euro außerhalb der Produktion sparen, davon die Hälfte in Ludwigshafen. Schwerpunkte sind Service-, Unternehmens- und Forschungsbereiche sowie die Konzernzentrale.

BASF als größtem industriellem Gasverbraucher Deutschlands macht die teure Energie besonders zu schaffen. BASF-Chef Martin Brudermüller hatte wiederholt vor drastischen Folgen für die deutsche Wirtschaft im Fall eines Gasboykotts gegen Russland gewarnt. Die Unsicherheiten wegen des Kriegs in der Ukraine, hoher Rohstoff- und Energiekosten in Europa, steigender Preise und Zinsen würden auch 2023 fortbestehen, hieß es nun. All das werde die weltweite Nachfrage belasten.

Wachsen will BASF-Chef Brudermüller vor allem im chinesischen Markt – und fährt für seine Strategie offenbar die Ellbogen aus: Zwei Tage vor Vorlage der Geschäftszahlen für das abgelaufene Jahr hat der Chemiekonzern einen überraschenden und kurzfristigen Wechsel im Vorstand gemeldet: Saori Dubourg werde das Unternehmen zum 28. Februar verlassen. Dubourg war 2017 in den Vorstand bestellt worden und zuletzt für die Unternehmensbereiche Monomers, Performance Materials und Petrochemicals sowie Intermediates verantwortlich. Zudem war sie für die Region Europa zuständig. Die 51-Jährige arbeitet seit mehr als einem Vierteljahrhundert für BASF. Ihr plötzlicher Abgang scheint das Ergebnis eines Streits um die Zukunft des Konzerns zu sein: Dubourg gilt Medienberichten zufolge als scharfe Kritikerin der Expansion nach Fernost, auf die Konzernchef Martin Brudermüller konsequent setzt. Zur Stunde baut BASF für zehn Milliarden Euro ein Kunststoffwerk in der Volksrepublik. Wie die „Wirtschaftswoche“ berichtet, hat Dubourg im Juli 2022 als einziges Vorstandsmitglied gegen die Erweiterung des chinesischen Standorts gestimmt.

China gilt Kritikern wegen seines totalitären Systems als riskanter Standort. BASF hatte sich erst kürzlich im autokratischen Russland eine blutige Nase geholt: 2022 fiel wegen Milliarden-Abschreibungen auf die Öl- und Gastochter Wintershall Dea ein Konzernverlust von 627 Millionen Euro an. Die BASF-Tochter beklagt eine faktische Enteignung ihrer Beteiligungen in Russland und plant einen vollständigen Rückzug aus dem Land. Nicht weniger symbolträchtig als Saori Dubourgs Abgang ist deshalb ihre Nachfolge: Ab März übernimmt Stephan Kothrade, der bis Anfang 2023 das China-Geschäft leitete. Trotz eines Verlusts im vergangenen Jahr will BASF genauso viel Geld an die Aktionäre ausschütten wie für 2021. Geplant ist eine Dividende von 3,40 Euro je Aktie. Ein laufendes Aktienrückkaufprogramm hat BASF derweil vorzeitig gestoppt. Die Börse reagierte deutlich: BASF-Scheine fielen zwischenzeitlich um sechs Prozent auf knapp 49 Euro.

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