München – Der bayerische Arbeitsmarkt steht vor einem tiefgreifenden Wandel, die Dekarbonisierung, Digitalisierung und besonders der demografische Wandel machen den Unternehmen zu schaffen. Für Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), keine neue Erkenntnis. „Seit 20 Jahren reden wir davon”, erklärte Brossardt in München, „bisher hat uns nur niemand zugehört.” Die nun erneut entflammte Diskussion wolle er nun nutzen, um die jüngsten Studienergebnisse zum Fachkräftemangel und Möglichkeiten zur Sicherung von Arbeitskräften aufzuzeigen.
Denn neuesten Erkenntnissen zufolge werden allein in Bayern bis 2035 die Anzahl der Arbeitskräfte um neun Prozent oder 700 000 Personen zurückgehen, von 6,5 Millionen auf 5,8 Millionen Personen. Die Auswirkungen des Mangels seien aber schon jetzt zu spüren.
„Drei Viertel der hiesigen Unternehmen berichten von Rekrutierungsschwierigkeiten“, stellte Oliver Stettes, Leiter des Bereichs Arbeitswelt und Tarifpolitik beim Institut der Deutschen Wirtschaft Köln, fest.
Auch die Vakanzzeiten, bis eine Stelle neu besetzt werden kann, würden immer länger. Waren es 2005 noch 40 Tage im Schnitt, lag sie 2021 schon bei 139 Tagen, so Stettes. Angesichts dessen sei Nichtstun keine Option, betonte Stettes. Es brauche eine groß angelegte Bildungsoffensive, mehr qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland, die konsequente Umsetzung des Renteneintritts mit 67 und eine höhere Erwerbsbeteiligung insbesondere von Frauen sei nötig. Beruf und Familie müsse besser vereinbar gemacht werden, forderten Brossardt und Stettes, um möglichst alle Erwerbstätigen in eine Vollzeitbeschäftigung zu bringen. „Ansonsten werden wir verarmen“, prophezeite Stettes. soh