Was die Hauspreise stützt – und was sie fallen lässt

von Redaktion

VON JÖRG KRÄMER

Nachdem die Häuserpreise jahrelang stark zugelegt hatten, hat die Kombination aus steigenden Bauzinsen und Baukosten dem Boom ein Ende bereitet. Seit Mitte vergangenen Jahres sind die Kaufpreise für Wohnimmobilien deutschlandweit bereits um sechs Prozent gefallen. Besonders gelitten haben die Preise für Bestandsimmobilien, bei denen das Minus acht Prozent beträgt. Das liegt auch an den massiv gestiegenen Energiekosten, die das Heizen älterer, schlecht gedämmter Häuser mit ihren oft veralteten Heizsystemen teurer machten.

Eine rasche Stabilisierung der Häuserpreise ist unwahrscheinlich. Die Preisvorstellungen von potenziellen Käufern und Verkäufern liegen häufig noch zu weit auseinander. Die Käufer wollen angesichts der erheblich gestiegenen Finanzierungskosten für ein Haus deutlich weniger bezahlen als vor dem Zinsanstieg. Dagegen sind viele Verkäufer noch nicht bereit, einen merklichen Abschlag gegenüber den Preisen hinzunehmen, die sie noch vor Kurzem erzielen konnten. Dieser Korrekturprozess ist noch nicht beendet. Auf der anderen Seite spricht einiges gegen einen mehrjährigen und tiefen Einbruch der Häuserpreise.

Wegen der Zuwanderung bleibt die Nachfrage nach Wohnraum grundsätzlich hoch. Gleichzeitig werden wegen der massiv gestiegenen Zinsen und Baupreise viel weniger neue Wohnungen gebaut – auch durch Immobilienentwickler. So sind die Aufträge im Baugewerbe seit Frühjahr vergangenen Jahres um mehr als ein Drittel eingebrochen. Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft rechnet in diesem Jahr nur noch mit rund 240 000 fertiggestellten Wohnungen; das ist rund ein Fünftel weniger als am Hochpunkt 2020. Weniger Angebot trifft auf eine mittelfristig starke Nachfrage, das stützt die Häuserpreise.

Gegen einen langen und tiefen Fall der Häuserpreise spricht auch, dass eine Angebotsschwemme durch Notverkäufe unwahrscheinlich ist. Natürlich müssen Hauseigentümer bei einer Anschlussfinanzierung für ein zehnjähriges Hypothekendarlehen deutlich höhere Zinsen zahlen als noch vor einem Jahr. Aber verglichen mit den vor zehn Jahren herrschenden Zinsen ist der Anstieg nicht so stark. Außerdem haben die Hauseigentümer in der Zwischenzeit einen beträchtlichen Teil ihrer Darlehen getilgt.

Nicht von ungefähr zeigen Daten des Fachverlags Argetra, dass die Zahl der Zwangsversteigerungen 2022 trotz der Zinserhöhungen sogar niedriger war als im Jahr 2021. Selbst wenn die Zahl der Notverkäufe merklich steigen würde, wäre dies angesichts von rund 750 000 Immobilientransaktionen (im Jahr 2020) kein wirklicher Angebotsschock.

Analysen der Bundesbank zeigen, dass die Preise für Wohnimmobilien in den Städten deutlich über dem liegen, was Fundamentaldaten wie Demografie, Einkommen, Zinsen etc. nahelegen. Die Häuserpreise sind zu hoch. Aber diese Überbewertung ist bei weitem nicht so hoch wie 2006 in den USA oder Spanien, wo wir im Nachhinein wissen, dass es eine Immobilienblase gab.

In den zurückliegenden 50 Jahren sind die Häuserpreise deutschlandweit nach starken Anstiegen wie in der zweiten Hälfte der 70er-Jahre oder in der ersten Hälfte der 90er-Jahre nicht deutlich gefallen. Vielmehr haben sie sich lange seitwärts entwickelt, bis die Häuserpreise relativ zu den steigenden Verbraucherpreisen so weit gefallen waren, dass sie wieder günstig waren.

Alles in allem sprechen gewichtige Gründe gegen einen mehrjährigen und tiefen Fall der Häuserpreise, auch wenn die Korrektur noch nicht vorbei ist.

Zum Autor

Dr. Jörg Krämer ist Chefvolkswirt der Commerzbank

Korrekturprozess ist noch nicht beendet

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