New York – Es sind Worte, die böse Erinnerungen an die Finanzkrise wecken: „Die Amerikaner können sich darauf verlassen, dass das Bankensystem sicher ist“, sagte US-Präsident Joe Biden bei einer kurzen Ansprache am Montag in Washington. „Ihre Einlagen werden da sein, wenn Sie sie brauchen.“ Ganz ähnlich hatte es Kanzlerin Angela Merkel formuliert, als die Pleite von Lehman Brothers 2008 einen weltweiten Dominoeffekt ausgelöst und auch das deutsche Bankensystem in Schieflage gebracht hatte. „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind“, hatte Merkel damals versprochen.
Bidens Worte vom Montag waren der vorläufige Höhepunkt nach turbulenten Tagen. Ende vergangener Woche war zunächst die auf Kryptowährungen wie Bitcoin spezialisierte Silvergate Bank und später die ungleich größere Silicon Valley Bank (SVB) geschlossen worden, die als milliardenschwerer Risikokapitalgeber für die Technologiebranche fungiert hatte. Kunden hatten hier viel Kapital abgezogen, weshalb die SVB Wertpapiere mit Verlust verkaufen musste, die unter den gestiegenen Zinsen gelitten hatten. Die Probleme hatten eine weltweite Talfahrt bei Bankaktien ausgelöst, weil Anleger Ansteckungsgefahren fürchteten. Am Sonntag wurde dann auch die in New York ansässige Signature Bank geschlossen, die ebenfalls im Kryptogeschäft tätig ist. Auch deshalb ging der Absturz an den Börsen am Montag weiter.
Um einen Vertrauensverlust im Finanzsektor zu verhindern, griffen die US-Behörden ein. Kunden, die ihr Geld bei der Silicon Valley Bank und der Signature Bank angelegt hatten, seien geschützt und hätten Zugang zu ihren Ersparnissen, sagte Biden. Investoren, die hinter den Banken stehen, müssten ihre Verluste hingegen selbst tragen. Außerdem würden die Manager der unter staatliche Kontrolle gestellten Geldinstitute entlassen, so Biden. Die Kosten für die Einlagensicherung trage nicht der Steuerzahler, sondern ein Einlagensicherungsfonds, in den alle Banken einzahlen.
In den USA sei die Besorgnis groß, dass viele junge Techunternehmen im Silicon Valley durch den Ausfall der SVB in Probleme kommen und so die US-Wirtschaft belasten könnten, erklärte Hans-Peter Burghof, Bankenexperte der Universität Hohenheim, gegenüber unserer Zeitung. „Wohl auch deshalb tritt hier die amerikanische Regierung so rasch und entschlossen für die Sicherung der Gelder bei der Silicon Valley Bank ein.“ Das sei aber gut gelungen und sollte einen möglichen Run auf die Bankeinlagen in den USA stoppen. Burghof hält es für unwahrscheinlich, dass die Krise Deutschland ergreift. Die Pleite der mit sehr riskanten Geschäften betrauten Institute sei sehr speziell und eigne sich nicht als Auslöser für eine globale Finanzkrise.
Zwar würden die Zinsrisiken für Banken nun neu bewertet, die großen deutschen Häuser hätten sich aber weitgehend aus riskanten Geschäftsfeldern zurückgezogen, über die sich die Krise auf sie übertragen könnte. „Solange die deutsche Wirtschaft weiter relativ gut läuft und nicht massiv einbricht, sehe ich hier keine ernsthafte Gefahr“, so Burghof. „Einzelne Problemfälle können die deutschen Sicherungssysteme gut auffangen.“
Auch aus der Finanzaufsicht Bafin gibt es Entwarnung. Sie hatte den deutschen Ableger der SVB ebenfalls geschlossen. Dieser habe aber „keine systemische Relevanz“ und lediglich eine Bilanzsumme von 789 Millionen Euro, teilte die Finanzaufsicht am Montag mit. „Ich glaube nicht, dass wir im Moment ein echtes Ansteckungsrisiko in Europa haben“, entgegnete auch EU-Währungskommissar Paolo Gentiloni in Brüssel auf die Frage, ob nun erneut eine Finanzkrise wie 2008 drohe. Die EU-Kommission werde aber die Möglichkeit indirekter Auswirkungen in enger Abstimmung mit der Europäischen Zentralbank überwachen, sagte er.