In diesen Wochen haben Energieträger durch die Bank Jahrestief um Jahrestief erreicht. Das Abwärtspotenzial dürfte aber begrenzt sein. Für Verbraucher ist jetzt eine gute Gelegenheit, Chanchen und Risiken abzuwägen. Hier einige Hinweise, was wir heute schon wissen.
Gas
Die Preise an den Gasbörsen sind nach wie vor auf steter Talfahrt: „Aktuell stehen wir ganz gut da, die Speicher sind zu gut 64 Prozent gefüllt und die Preise sind besonders im letzten Monat deutlich gefallen“, erklärt Kirstin Ganz, Marktexpertin bei der Münchner Forschungsstelle für Energiewirtschaft.
Derzeit wird die Megawattstunde erstmals seit 2021 unter 40 Euro gehandelt. Damit sind die Preise deutlich von ihrem Dezemberhoch bei 140 Euro entfernt, aber auch vom Vorkrisenniveau von rund 20 Euro. Kirstin Ganz: „Dabei ist eingepreist, dass wir uns dem Ende der Heizperiode im April nähern und keine größeren Kältewellen mehr zu erwarten sind und wir nach wie vor eine deutliche Verbrauchsreduktion sehen.“
Für das Frühjahr ist rein technisch noch etwas Luft nach unten, aber: „Bei um die 30 bis 40 Euro sehen wir langfristig die Untergrenze der LNG-Preise, günstiger wird es bestimmt nicht. Das wäre immer noch 50 Prozent über dem Vorkrisenniveau.“
Ab Mai komme hinzu, wie voll die Gasspeicher noch sind und wie dringend eingekauft werden muss: „Ich nehme an, dass wir mit über 50 Prozent überdurchschnittlich voll aus dem Winter kommen. Und Panikkäufe wie 2022 wird es nicht mehr geben, weil jetzt klar ist, dass die russischen Lieferungen durch innereuropäische Gaslieferungen, mit LNG und durch Verbrauchsreduktionen ausgeglichen werden können.“ Damit sind die Bedingungen im Sommer grundsätzlich günstig.
Unsicherheit gehe vom Wetter aus: „Ein Faktor im Sommer kann – wie 2022 – Dürre sein: Wenn die europäische Wasserkraft – und in Frankreich die Atomkraftwerke – weniger liefern, muss mehr Gas verstromt werden.“
Einen großen Einfluss durch die Erholung der chinesischen Wirtschaft erwartet Ganz nicht. Damit gehört sie zu den optimistischen Stimmen. Bei S&P Global erwartet man derweil, dass die Preise durch eine höhere Nachfrage in China im Winter bei bis zu 80 Euro liegen werden.
Damoklesschwerter bleiben eine weitere Eskalation im Ukraine-Krieg und das Wetter im kommenden Winter.
. Tipp für Verbraucher Die Neukundentarife re-agieren zuverlässig auf die fallenden Börsenpreise. Aktuell ist die Kilowattstunde unter 11 Cent zu bekommen, also deutlich unter der staatlichen Preisbremse. Noch im Dezember waren es 20 Cent. Florian Stark, Sprecher des Vergleichsportals Check24: „Beim Wechsel aus der Grundversorgung zu einem der zehn günstigen Alternativanbieter spart eine Familie (20 000 Kilowattstunden) zusätzlich 364 Euro.“ Weil Gas im Winter strukturell teurer ist, sollten Verbraucher überprüfen, wie lange ihre Verträge, beziehungsweise die Preisbindung, noch gelten. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich jetzt gewinnbringend mit einem Vertrag mit Preisbindung für die kommende Heizsaison absichern. Wer mit dem Vertragsabschluss warten will, um auf weiter fallende Preise zu pokern, hat angesichts des stabilen Abwärtstrends noch Chancen. Das Risiko einer plötzlich steigender Großmarktpreise ist aber definitiv gegeben.
Strom
Die Strompreise fallen derzeit parallel zu den Gasmärkten. Gibt es beim Gas keine unangenehmen Überraschungen, könnte Strom im Sommer wieder günstiger sein als heute, so FfE-Marktexpertin Kirstin Ganz: „Gas bleibt der Preissetzer beim Strom. Im Sommer kann es aber an sonnigen Tagen durchaus sein, dass die Photovoltaik die Gaskraftwerke aus dem Markt drängt – was im Schnitt für niedrigere Strompreise sorgen würde.“ Das Niveau bleibe aber, ähnlich dem Gas, hoch: „Vor der Krise lag der Strompreis im Mittel um die 40 Euro pro Megawattstunde – für die kommenden Jahre sehen wir am Strommarkt Preise über 100 Euro.“ Derzeit ist Strom mit rund 101 Euro bereits verhältnismäßig günstig.
. Tipp für Verbraucher Derzeit gibt es Stromtarife für unter 34 Cent pro Kilowattstunde, auch eingedenk der staatlichen Preisbremse ein lohnender Handel. Ein Standardhaushalt (3000 Kilowattstunden) spart damit durch die Differenz zur Preisbremse über 180 Euro im Jahr. Noch im Dezember kostete der günstigste Tarif 45 Cent. Das Schwankungspotenzial am Großmarkt ist dabei eng mit den Gaspreisen verbunden. Besonders Haushalte mit großem Verbrauch, etwa Nutzer von E-Autos und Wärmepumpen, können gerade einige hundert Euro sparen. Wer sich keine deutlich höheren Preise leisten kann und will, sollte einen Vertrag mit Preisbindung erwägen: Denn noch ist ist die Energiepreisbremse über den Jahreswechsel hinaus noch nicht beschlossen. Für Risikofreudige: Läuft alles besonders günstig, gibt es, wie beim Gas, rein technisch noch etwas Luft nach unten.
Öl
Der jüngste Schock am Finanzmarkt hat die Ölpreise mit rund zehn Prozent Abschlag hart getroffen, zeitweise kostete das Fass nur 71 Dollar. DZ-Bank-Rohstoffanalyst Gabor Vogel erklärt: „Das lässt Rezessionsängste aufleben.“ Das hat Auswirkungen auf den Ölmarkt: „Sollte sich die Krise ausweiten, wovon wir aber nicht ausgehen, würde der Druck auf den Ölpreis erhöht bleiben.“ Dennoch: „Ich rechne damit, dass die Unsicherheiten vorerst hoch bleiben. Mit Blick auf das Jahresende dürfte Rohöl aber ein Niveau zwischen 95 und 100 Dollar pro Barrel anpeilen.“
Denn auch ohne den Angst-Abschlag sei Öl verhältnismäßig günstig: „Aktuell profitieren die Märkte unter anderem davon, dass Russland sein Öl wegen des G7-Embargos mit deutlichen Abschlägen nach China und Indien verkaufen muss.“ So meldete der Staatskonzern Rosneft am Montag einen Gewinneinbruch von acht Prozent. Strukturell dürfte Rohöl wieder teurer werden: „Gründe sind die wachsende Nachfrage in Ostasien und die Förderbegrenzungen der Opec+.“
Nicht nur beim Rohöl herrscht noch Schwemme, auch bei Verbrauchsgütern dominieren Sondereffekte: „Europa profitiert bei den Ölprodukten, wie Diesel, noch von russischen Lieferungen: Zwar wurden die Sanktionen bereits verhängt, allerdings gibt es eine 90-tägige Übergangsphase, in der weiterhin Diesel & Co. exportiert werden können, wenn die Rohstoffe vor der Aktivierung der Maßnahmen verladen wurden.“, so Gabor Vogel. „Russland hat im Januar alles was schwimmt aufs Meer gebracht, um sich eine Schattenflotte aufzubauen und den Geldstrom nicht versiegen zu lassen.“
Das dürfte bald spürbar werden: „Etwa ab Mai werden wir dann die fehlenden Mengen bei den Preisen für Diesel und Heizöl bemerken. Lieferengpässe wird es aber nicht geben.“ Dieser Effekt komme zusätzlich zu den Risiken beim Rohölpreis.
. Tipp für Verbraucher Heizöl ist dieser Tage oft für unter einem Euro pro Liter (brutto) zu haben, vor wenigen Wochen waren es noch 20 Prozent mehr. Die Preise in der Region haben mit teilweise 98 Cent ihr Jahrestief erreicht. Sollte die Unsicherheit am Kapitalmarkt sich ausweiten, ist es möglich, dass Öl kurzfristig noch etwas günstiger wird. Ab Mai sind jedoch strukturell höhere Preise wahrscheinlich. Sollte sich die Welt-Konjunktur wie erwartet erholen, wäre es sinnvoll, sich zu den aktuellen Konditionen mit Heizöl für den kommenden Winter einzudecken.