Washington – Die US-Notenbank Fed hat trotz der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte erhöht – gleichzeitig aber einen Kurswechsel angekündigt. „Wir geben nun nicht mehr an, dass wir davon ausgehen, dass laufende Zinserhöhungen angemessen sein werden, um die Inflation zu dämpfen“, sagte Fed-Chef Jerome Powell. Die größte Notenbank der Welt signalisiert für dieses Jahr nur noch einen weiteren Zinsschritt. Powell versicherte außerdem, dass das Bankensystem in den USA „solide und widerstandsfähig“ sei.
Der Leitzins liegt nun in einer Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent. Angesichts der Bankenkrise habe die Fed sogar eine Zinspause in Betracht bezogen. Die Turbulenzen im Finanzsektor würden die finanziellen Bedingungen verschärfen, sagte Powell. Verschärfte Kreditbedingungen könnten einen ähnlichen Effekt haben wie Zinserhöhungen. Powell hatte erst Anfang März angedeutet, dass wieder größere Zinssprünge möglich sein könnten. „Tatsächlich sah es vor ein paar Wochen so aus, als müssten wir die Zinsen im Laufe des Jahres erhöhen“, bekräftigte er. Diese Haltung habe sich aber nun geändert.
Denn die Bankenkrise rund um die Silicon Valley Bank hat ein Hemmnis für weitere deutliche Zinsanhebungen dargestellt. Die stark gestiegenen Zinsen gelten als ein Grund für die Probleme im amerikanischen Bankensektor. Die Fed musste bei ihrer Entscheidung abwägen zwischen der Beruhigung der Sorgen im Bankensektor und dem Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise. Die Auswirkungen der Unruhe könnten nun als „gleichwertig“ mit Zinserhöhungen angesehen werden, so Powell.
Der Fed-Chef betonte auch, dass die Verbraucherpreise in den USA weiter zu hoch sein. Jüngste Daten zeigen zwar, dass die hohe Inflation in der größten Volkswirtschaft der Welt auf dem Rückzug ist. Doch die Fed erwartet in ihrer jüngsten Prognose für dieses Jahr im Schnitt eine Inflationsrate von 3,3 Prozent – das ist etwas mehr, als noch vor drei Monaten angenommen. Die von der Fed mittelfristig gewünschte Inflationsrate liegt bei zwei Prozent – davon sind auch die neuen Zahlen noch entfernt. Auch die Wirtschaft soll der Schätzung nach etwas weniger wachsen als noch im Dezember vorhergesagt.
Powell betonte nun außerdem, dass die Fed bereit sei, „alle Instrumente“ einzusetzen, um die Sicherheit des Bankensystems zu gewährleisten. Mit Blick auf den Kollaps der Silicon Valley Bank sprach er von einem Versagen des Managements. Die Fed war für die Aufsicht der Bank zuständig.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat die Entschlossenheit der europäischen Notenbank im Kampf gegen die hohe Inflation im Euroraum trotz der jüngsten Bankenturbulenzen bekräftigt. „Wir werden für Preisstabilität sorgen, und die Rückführung der Inflation auf mittlere Sicht zu einem Wert von zwei Prozent ist nicht verhandelbar“, sagte sie. Nach Einschätzung von Bundesbankpräsident Joachim Nagel ist die EZB noch nicht am Ende ihres Zinsanhebungskurses angelangt. Es liege noch ein Stück Weg vor der Notenbank, sagte er der „Financial Times“. Zugleich räumte Nagel ein, dass sich die Zinsen dem restriktiven Bereich näherten. Darunter verstehen Ökonomen ein Niveau, ab dem Zinsen die wirtschaftliche Aktivität bremsen.