Millionen Reisende und Pendler in ganz Deutschland werden am Montag von einem beispiellosen Warnstreik im Verkehr betroffen sein. Der Warnstreik umfasst den Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr auf der Schiene, den kommunalen Nahverkehr viele deutsche Flughäfen, die Wasserstraßen und Häfen sowie Autobahnen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Verdi kämpfen für mehr Einkommen in unterschiedlichen Tarifrunden. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Darf ich wegen des Streiks von meinem Arbeitsplatz fernbleiben?
Auch wenn der öffentliche Verkehr wegen des Streiks weitgehend stillsteht, müssen Arbeitnehmer pünktlich beim Job erscheinen. „Das sogenannte Wegerisiko trägt immer der Arbeitnehmer, ob Streik oder nicht“, sagt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür. Denn bei einem Streik handelt es sich wegen der rechtzeitigen Ankündigung nicht um ein unvorhergesehenes Ereignis. „Zur Not müssen Arbeitnehmer auf eigene Kosten ein Taxi nehmen, auch das ist zumutbar“, sagt Oberthür.
Darf der Arbeitgeber kündigen, wenn der Arbeitnehmer nicht erscheint?
Wer wegen des Streiks nicht zur Arbeit erscheinen kann, kann nicht abgemahnt oder gekündigt werden, da kein Verschulden vorliegt, teilte der bayerische Arbeitgeberverband vbw mit. „Die Arbeitnehmer sind allerdings verpflichtet, ihr Nichterscheinen – soweit möglich – unverzüglich dem Arbeitgeber mitzuteilen.“
Können Betroffene angesichts des Streiks im Homeoffice arbeiten?
Ein Recht auf Homeoffice gibt es bislang zwar nicht. Aber wenn das Arbeiten von daheim aus sowieso schon Praxis im Job-Alltag ist, hat der Arbeitnehmer gute Chancen, dieses auch für den Streiktag gestattet zu bekommen. Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dürfte der Arbeitgeber in diesem Ausnahmefall verpflichtet sein, die Arbeitsleistung zu Hause zu ermöglichen, so Anwältin Oberthür.
Welche Rechte habe ich, wenn mein Zug ausfällt?
Wenn Sie wegen eines Streiks viel zu spät oder gar nicht an Ihr Ziel kommen, haben Sie ein Recht auf Entschädigung. Verspätungen sollten Sie sich möglichst von Bahn-Mitarbeitern bestätigen lassen. Da das beim Andrang tausender Kunden schwierig werden könnte, sollte man Fotos der Anzeigetafeln machen, die Zugausfälle bestätigen. Die Bahn hat die Zugbindung bei Spar- und Supersparpreisen aufgehoben. Für den Montag gekaufte Fahrkarten können bis zum 4. April flexibel genutzt werden, sofern sie vor der Streikankündigung am Donnerstag gekauft wurden.
Welche Rechte habe ich, wenn mein Flug ausfällt?
Reisende sollten sich zunächst bei der Airline erkundigen, welche Möglichkeiten bestehen – etwa Umbuchungen. Auch bei einem streikbedingten Flugausfall können Passagiere gegenüber der Fluggesellschaft darauf pochen, alternativ ans Ziel befördert zu werden – und sei es erst am nächsten Tag. Sie können zudem auch den Ticketpreis zurückverlangen, müssen sich dann aber selbst darum kümmern, wie sie von A nach B kommen. Der ADAC empfiehlt, Belege für Zusatzkosten zu sammeln – etwa für einen selbst gebuchten Ersatzflug, aber auch Kosten für Verpflegung, Getränke oder Hotel, wenn sich die Airline nicht darum kümmert.
Und wie ist es bei Pauschalreisen?
Wer eine Flugpauschalreise gebucht hat und am Sonntag oder Montag abfliegen wollte, sollte den Veranstalter kontaktieren. Der habe auch bei einem Warnstreik Sorge zu tragen, die Urlauber ans Ziel zu bringen, erklärt Verbraucherschützerin Alina Menold. Falls ein Urlaubstag verloren geht, lässt sich der Reisepreis gegebenenfalls anteilig mindern.
Wie steht es mit Alternativen zu Bus und Bahn?
Die Autoverleiher und private Busunternehmen wie Flixbus stellen sich auf vermehrte Nachfrage ein. Teilweise kassierten Autoverleiher kräftige Preisaufschläge. Bei billiger-mietwagen.de zeigte sich für die größten deutschen Städte eine Zunahme der Anfragen um 120 Prozent zum Vergleichszeitraum vor einer Woche, in München sogar um 164 Prozent. Bei Flixbus hieß es, man habe in den vergangenen Tagen zusätzliche Busse für den Streiktag eingeplant, „um dem erhöhten Buchungsaufkommen gerecht zu werden“.
Ist auch der Autoverkehr vom Streik betroffen?
Ja, denn zum einen ist mit erhöhtem Verkehrsaufkommen zu rechnen, wenn viele Pendler aufs Auto umsteigen. Zum anderen streiken auch die Beschäftigten der Autobahngesellschaft, was ebenfalls zu Einschränkungen führen kann. Befürchtungen, dass es deshalb zu Tunnelsperrungen kommen könnte, wies die Autobahngesellschaft zurück.
Drohen leere Regale im Supermarkt?
Die Logistikbranche warnt vor einem „Versorgungschaos“. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stefan Genth, gibt sich gelassener: „Im Vergleich zu der teilweise dramatischen Lage gerade zu Beginn der Pandemie sind die Auswirkungen des anstehenden Streiks eine verkraftbare Herausforderung.“ Einzelhandel und Logistik würden dies gemeinsam gut hinbekommen. Trotzdem wäre es sinnvoll, das Lkw-Sonntagsfahrverbot für das Wochenende aufzuheben und der Logistik so zumindest die Möglichkeit zu geben, einige Transporte vorzuziehen.