Ukraine-Krieg lässt Düngerverbrauch sinken

von Redaktion

VON CARSTEN HOEFER

München – Hohe Gaspreise und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben einen unerwarteten Nebeneffekt für die Umwelt: Der Düngerabsatz in Deutschland ist stark gesunken. Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamts hervor. Auch in diesem Jahr kaufen die Bauern bislang nur zurückhaltend Dünger ein, wie die Münchner Baywa, Deutschlands größter Agrarhändler, berichtet. Eine mögliche Folge sind schlechtere Ernten. Aber damit einhergehend sind mutmaßlich auch die Stickstoffeinträge im Grundwasser niedriger.

Die drei wichtigsten Düngerarten sind Stickstoff (N), Phosphat (P) und Kalium (K), die im Agrarhandel in unterschiedlichen Konzentrationen und Mischungen angeboten werden. Stickstoff ist Grundnahrungsmittel für Pflanzen und mengenmäßig das wichtigste Düngemittel. Im Wirtschaftsjahr 2021/22 sank der Absatz laut Statistischem Bundesamt um 13 Prozent auf 1,1 Millionen Tonnen. Bei Phosphatdünger meldete die Wiesbadener Behörde einen um 40 Prozent auf knapp 115 000 Tonnen geschrumpften Absatz. Bei Kali waren es 306 000 Tonnen, ein Minus von 31 Prozent. Der Düngerabsatz geht zwar seit Jahren zurück, doch derart starke Einbrüche sind außergewöhnlich.

„Die Düngemittelpreise hatten sich bereits im Herbst 2021 – vor Beginn des Kriegs in der Ukraine – mehr als verdoppelt und ein utopisch hohes Preisniveau erreicht“, sagt eine Sprecherin des Bayerischen Bauernverbands in München. Hauptursache war der starke Anstieg der Gaspreise, der schon vor der russischen Invasion begonnen hatte. „Gas wird hauptsächlich als Rohstoff für die Herstellung von Stickstoffdünger benötigt. „Vor diesem Hintergrund hatten Düngerhersteller die Produktion gedrosselt beziehungsweise Werke zwischenzeitlich stillgelegt.“

Der russische Angriff bedeutete einen weiteren Preisschock für den Düngemittelmarkt. Für die Bauern schien das zunächst weniger schmerzhaft als zu Beginn des Krieges befürchtet. „Die Erzeugerpreise für Weizen sind seit Ende 2021 ebenfalls gestiegen und waren so hoch, dass sich das Düngen in den meisten Fällen für die Bauern trotz der hohen Kosten gelohnt hat“, sagt Torsten Kurth, Agrarexperte beim Beratungsunternehmen BCG. „Die wichtigste Frucht in Deutschland ist Weizen, der Erzeugerpreis lag 2019/2020 bei unter 200 Euro pro Tonne. Das ist nach Beginn des Ukraine-Kriegs hochgeschnellt auf in der Spitze über 400 Euro pro Tonne.“

Die Preisexplosion war nicht von Dauer. Im Frühjahr 2022 gab es sogar Befürchtungen, dass bestimmte Düngersorten knapp werden könnten, doch das Gegenteil ist eingetreten. „Seit dem vierten Quartal 2022 sehen wir sinkende Düngerpreise“, sagt die Baywa-Sprecherin in München. „Das liegt an mehreren Faktoren: geringere Energiekosten und dadurch niedrigere Produktionskosten bei der Düngerherstellung, verhaltene Nachfrage seitens der Landwirte und dadurch ein Überangebot an Dünger im Markt.“

Die Bauern, die sich vorsorglich schon im vergangenen Jahr eingedeckt haben, sind jetzt in einer unerfreulichen Lage. „Die Erzeugererlöse für Getreide und Ölsaaten sind seit Jahresbeginn stetig gefallen“, heißt es beim Bayerischen Bauernverband. Der Weizenpreis in Bayern liegt demnach derzeit bei 230 bis 250 Euro pro Tonne.

Weniger Dünger auf den Feldern kommt nicht nur den Umweltbehörden in Deutschland gelegen. Auch Trinkwasserversorger, Lebensmittelhersteller und Bierbrauer dürften dankbar sein. Erhöhte Nitratgehalte im Grundwasser sind nicht ausschließlich auf die Landwirtschaft zurückzuführen, doch trägt die Düngung dazu bei.

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