Erstes Geständnis im Diesel-Prozess

von Redaktion

VON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

München – Jahrelang hat Wolfgang Hatz jede Beteiligung am VW-Abgasbetrug vehement abgestritten. Weil dem früheren Chef der Motorenentwicklung im gesamten VW-Konzern nun im Münchner Betrugsprozess dazu Haftstrafe droht, gesteht er, um der vielleicht noch zu entgehen. Das erste Geständnis eines einstigen VW-Topmanagers verliest dessen Anwalt vor dem Landgericht München.

„Ich räume die Vorwürfe vollumfänglich ein“, sagt dieser im Namen seines Mandanten. Es sei zutreffend, dass er eine Betrugssoftware, die nur am Prüfstand für saubere Abgase gesorgt hat, aber im Straßenbetrieb meistens abgeschaltet blieb, zusammen mit Mittätern „veranlasst“ habe. Das Risiko, dass das von Behörden als illegale Vorrichtung eingestuft würde, sei ihm dabei bewusst gewesen.

Rupert Stadler dagegen als prominentester Angeklagter des Diesel-Abgasprozesses ziert sich noch. Beim früheren Audi-Chef geht es ums Geld. Denn Teil einer Einigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Stadler zu einer mutmaßlichen Bewährungsstrafe für ihn ist eine zusätzliche Geldauflage. Für sie verlangen Staatsanwälte eine siebenstellige Summe. Eine Millionensumme aber will Stadler nicht zahlen. Auch das Gericht hält einige hunderttausend Euro für angemessen. Um diesen Punkt wird nun weiter gefeilscht, was aber rasch beendet sein könnte.

Schon am heutigen Mittwoch als nächstem Prozesstag könnte auch ein Geständnis Stadlers folgen. Für den Fall habe die Staatsanwaltschaft signalisiert, mit einer Bewährungsstrafe Stadlers zwischen eineinhalb und zwei Jahren leben zu können, falls er zusätzlich eine Millionensumme zahlt, erklärte Richter Stefan Weickert.

Nach seinen vier Monaten Untersuchungshaft müsste der 60-Jährige damit bei einem Geständnis nicht erneut ins Gefängnis. Finanziell verkraftbar wäre für ihn auch die Zahlung einer Millionensumme als Teil eines Urteils. Allein in seinen letzten Amtsjahren als Audi-Chef hat er zwischen sechs und acht Millionen Euro bekommen, merkt die Staatsanwaltschaft an.

Ob sein Ex-Kollege Hatz dagegen am Ende ebenfalls mit einer Bewährungsstrafe davonkommt, ist trotz erfolgtem Geständnis unklar. Bei ihm hat die Staatsanwaltschaft einem solchen Urteil widersprochen. Sein Geständnis komme zu spät. Zudem habe Hatz „in sehr hoher Position erheblichen Beitrag“ zur Betrugssoftware geleistet. Dessen wird Stadler nicht beschuldigt. Er hat nach Erkenntnis des Gerichts aber nicht unterbunden, dass Diesel-Modelle mit Betrugssoftware verkauft wurden.

Das gilt als Betrug durch Unterlassung. Hatz muss nach Ansicht der Staatsanwälte indessen trotz Geständnis ins Gefängnis. Über zwei Jahre käme der 64-Jährige, der schon neun Monate in Untersuchungshaft saß, damit hinter Gitter. Würde Richter Weickert ihn dennoch nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilen, ist damit zu rechnen, dass die Staatsanwaltschaft in Berufung ginge. Bei einer Geldauflage als Teil eines Urteils sind sich dagegen im Fall von Hatz alle Beteiligten einig. Er soll demnach 400 000 Euro zahlen.

Volkswagen hatte seinerseits bei einem Vergleich mit Hatz, Stadler und anderen Topmanagern deutlich mehr Geld verlangt. Mit Stadler hatte sich der Konzern 2021 auf 4,1 Millionen Euro Schadenersatz geeinigt, mit Hatz auf 1,5 Millionen Euro. Beide Summen sind übrigens von Geständnissen oder Verurteilungen unabhängig, wie von damit befassten Personen zu hören ist. Die Vergleiche seien fix und enthielten keine Klauseln für den Fall des späteren Nachweises oder Eingeständnisses einer Straftat.

Auch seitens der Managerhaftpflichtversicherung, die an den Volkswagen-Konzern seinerzeit im Zuge des Diesel-Skandals 270 Millionen Euro gezahlt hatte, drohe keine Gefahr, heißt es aus dem Verteidigerkreis. Die zahlt üblicherweise nur unter der Prämisse, dass nicht gegen Gesetze verstoßen wurde. Aber angeblich müssen die Manager dennoch nicht mit finanziellen Forderungen von dieser Seite rechnen.

Der Deal mit Volkswagen war um einiges teurer

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