Berlin – Bei der Deutschen Bahn entspinnt sich ein Tauziehen, dass sogar für den skandalträchtigen Staatskonzern außergewöhnlich ist.
In einer Sondersitzung am späten Donnerstagabend kassierte der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn insgesamt neun Millionen Euro Bonuszahlungen für den Vorstand, davon allein 1,3 Millionen für Bahn-Chef Richard Lutz. Das berichtet der Spiegel.
Demnach ist die offizielle Begründung, dass keine Boni ausgezahlt werden dürfen, solange die Bahn von den Energiehilfen des Bundes profitiert. Das ist laut dem Bericht aber eine Farce, denn das Verbot gelte für das Jahr 2023, der Bonus solle aber für 2022 ausgezahlt werden. Das Blatt folgert, dass der Aufsichtsrat mit den schlechten Leistungen des Managements unzufrieden ist.
Während der Vorstand sich siebenstellige Boni wünscht, scheitern die Verhandlungen mit den Gewerkschaften derzeit am Mindestlohn: „Das Problem ist, dass die Bahn unsere Vorbedingungen ignoriert“, sagte Verhandlerin Cosima Ingenschay der Süddeutschen Zeitung. Eine davon ist der Mindestlohn, der bei der Deutschen Bahn bisher nicht in den Tariftabellen steht. Rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell nur über Zulagen. „Bevor wir verhandeln, muss der gesetzliche Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankert werden“, sagte Ingenschay. „Sonst sind die zehn Prozent Lohnerhöhung für die gut 2500 Mitarbeiter gleich weg.“ Die Bahn lehnt diese Reihenfolge, also erst den Mindestlohn in die Tabellen zu schreiben und dann grundsätzlich über weitere Lohnerhöhungen zu diskutieren, strikt ab. Sie bietet stattdessen 13 Euro je Stunde, will diese aber erst ab August 2024 in die Tabellen aufnehmen.
Die EVG und die Deutsche Bahn verhandeln seit Ende Februar über neue Tarifverträge, die Annäherung verlief aber bisher äußerst schwierig. Die bisher letzte Gesprächsrunde erklärte am Mittwoch die DB für beendet – weil die EVG das aktuelle Arbeitgeberangebot nicht für verhandlungsfähig hielt. Es folgten die für Tarifkonflikte üblichen Schuldzuweisungen – und nun via eine erneute, scharfe Warnstreik-Drohung.
„Wir könnten die Bahn wochenlang lahmlegen“, sagte EVG-Verhandlungsführerin Ingenschay. Das System der Bahn sei so fragil, „wenn wir da ein paar Stellwerke rausnehmen, dann bricht alles zusammen“.
Die Deutsche Bahn will sich am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der vor gut einer Woche nach einem Schlichterverfahren erzielt wurde.
Daran angelehnt hat DB-Personalvorstand Martin Seiler neben einem steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich von insgesamt 2850 Euro vorgeschlagen, Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise zu erhöhen – um insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie acht Prozent für die oberen Lohngruppen.
Die Gewerkschaft will mindestens 650 Euro mehr im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen sowie eine Laufzeit von einem Jahr. „Die Beschäftigten haben ihren Beitrag in der Pandemie mit einem Abschluss von 1,5 Prozent geleistet, jetzt geht es darum, in der Lohnentwicklung nicht abgehängt zu werden“, sagte Gewerkschaftschef Martin Burkert der „Augsburger Allgemeinen“. mas/dpa