Die Wirtschaft stagniert

von Redaktion

VON ANDREAS HÖSS

Wiesbaden – So trüb wie das Wetter ist momentan auch die konjunktuelle Lage in Deutschland. Entsprechend ist die deutsche Wirtschaft ohne viel Schwung ins neue Jahr gestartet. Nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes stagnierte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal zum Vorquartal, wie die Wiesbadener Behörde am Freitag mitteilte. Zum Jahresende 2022 hatte sich die Wirtschaftsleistung zum Vorquartal nach jüngsten Daten noch um 0,5 Prozent verringert.

Einigermaßen gut lief es laut den Statistikern noch bei den Investitionen und dem Export. Bei den Verbrauchern macht es sich hingegen bemerkbar, dass durch die starke Teuerung Geld im Geldbeutel fehlt. Der Privatkonsum fiel deshalb zuletzt als Konjunkturstütze aus.

Das alles klingt nicht gut – doch die wirtschaftliche Lage ist immer noch deutlich besser als vor wenigen Monaten befürchtet. So hatte man sich vor allem zu Beginn des Winters vor einer Gasmangellage und einer tiefen Rezession gesorgt. Diese blieb nun aber aus. „Die Wirtschaft ist zum Glück glimpflich aus diesem Winter gekommen“, kommentierte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben, die vorläufigen Zahlen des Statistikamtes.

Der Ausblick bleibt nach Ansicht vieler Experten dennoch gedämpft. Das in den vergangenen Monaten spürbar verbesserte Geschäftsklima der Unternehmen spreche zwar dafür, dass das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal von April bis Juni steigen werde, erläuterte Nils Jannsen vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). „Die Bäume wachsen für die deutsche Wirtschaft aber nicht in den Himmel.“ Der Kaufkraftentzug durch die höheren Energiepreise belaste weiter die Konjunktur. Auch Konjunkturforscher Timo Wollmershäuser vom Münchner ifo-Institut erklärte: „Die Konsumkonjunktur wird sich nur langsam berappeln.“ Zwar beschleunige sich der Anstieg der Einkommen der privaten Haushalte, weil Tariflöhne erhöht und Inflationsprämien ausgezahlt werden. „Aber die Inflation dürfte in den kommenden Monaten hartnäckig hoch bleiben.“ Und in der Bauwirtschaft dürfte sich am Abwärtstrend, der vor allem durch den Wohnungsbau getrieben werde, wegen der höheren Bau- und Finanzierungskosten im weiteren Verlauf des Jahres nichts ändern.

Die schwächelnde Wirtschaft spürt auch der Arbeitsmarkt. Üblicherweise zeichnet sich dort im Frühjahr eine spürbare Belebung ab. Im April stagnierte die Arbeitslosenquote im Bund jedoch gegenüber dem Vormonat bei 5,7 Prozent, wie die Bundesagentur für Arbeit meldete.

Ähnlich ist die Situation in Bayern. Dort sank die Arbeitslosenquote nach Angaben der Regionaldirektion der Bundesagentur im Vergleich zum März nur minimal um 0,1 Prozentpunkte auf 3,3 Prozent und damit deutlich schwächer als zu dieser Jahreszeit üblich. Die Unternehmen stünden aktuell vor vielen Herausforderungen wie Digitalisierung, Energiewende, Arbeitskräftemangel und demografischer Wandel, erläuterte der Chef der Regionaldirektion, Ralf Holtzwart, am Freitag in Nürnberg. „All das dämpft die Dynamik.“ Der vielen Geflüchteten aus der Ukraine, die neben der schwachen Konjunktur mit für die relativ schlechten Arbeitsmarktdaten veranwortlich waren, sieht er jedoch als Chance für die Wirtschaft in Bayern, wo es 151 000 offene Stellen gibt. „Die offenen Stellen aus dem Bestand der Arbeitslosen zu besetzen, gelingt uns nur bedingt“, sagte Holtzwart. Deshalb hoffe er, auf diese Stellen Ukrainerinnen und Ukrainer vermitteln zu können, die demnächst verstärkt aus den Integrationskursen kommen.

Mit Material von dpa und afp

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