München – BMW hat bei seiner Hauptversammlung die geplante Abgasnorm Euro 7 kritisiert. „So wie aktuell vorgesehen, geht es einfach nicht“, sagte BMW-Chef Oliver Zipse am Donnerstag in München. Die Norm bedeute „noch mehr Regulatorik“, dabei werde die Luftqualität durch sie nicht besser. Außerdem würden ungewöhnliche Fahrsituationen aufgenommen, sogenannte Testrandbedingungen. Doch die gebe es in der Realität äußerst selten. „Wie häufig fahren Sie über einen Bergpass bei Minus sieben Grad? Wenn Ihr Auto auch noch voll beladen ist und einen Hänger zieht“, fragte Zipse. Er forderte deshalb, solche Extremsituationen nicht zu berücksichtigen, sondern sich bei der Abgasprüfung auf alltägliche Fahrsituationen zu konzentrieren. Außerdem sei die für 2025 geplante Einführung „vollkommen unrealistisch“, sie müsse auf Mitte 2027 verschoben werden.
Daneben blickte Zipse auf ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr 2022 zurück. Der Dax-Konzern aus München hatte dort einen Rekordgewinn von 18,6 Milliarden Euro eingefahren. Das lag unter anderem daran, dass BMW seinen Mehrheitsanteil am chinesischen Joint-Venture Brilliance voll in die Bilanz einbrachte. Zudem hatte der Autobauer trotz geringerer Verkäufe hohe Preise für seine Modelle verlangen können. Entsprechend hoch fällt angesichts des guten Geschäfts mit 8,50 Euro je Aktie die Dividende aus. Außerdem werden bis 2025 Aktien im Wert von zwei Milliarden Euro zurückgekauft. BMW-Chef Zipse wird auch selbst vom guten Jahr profitieren. Er bekommt für 2022 fast elf Millionen Euro an Gehalt, Boni und Aktien. Rund ein Drittel seiner variablen Vergütung erhält er, weil der Konzern seine Nachhaltigkeitsziele weitestgehend erreicht hat.
Während es von den Aktionären viel Lob für das Geschäftsjahr und die Dividende gab und auch die Vergütungen für die Vorstände und den Aufsichtsrat nicht beanstandet wurden, gab es auch kritische Töne. Zum einen bezogen sie sich auf die Technologieoffenheit, die BMW immer betont. So plant der Konzern zwar, dass bis 2030 mehr als die Hälfte seiner veerkauften Autos elektrisch sein sollen. Ein Enddatum für den Verkauf von Verbrennern will er aber nicht nennen. Auch die Abhängigkeit von China, die durch die Brilliance-Übernahme noch verstärkt wurde, hinterfragten mehrere Aktionärsvertreter, etwa Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.
Besonders starke Kritik gab es daran, dass BMW auch 2023 die Hauptversammlung im Internet und nicht in Präsenz veranstaltet hat. Der Konzern hatte sich zuvor absegnen lassen, dass auch in den kommenden beiden Jahren virtuelle Versammlungen angesetzt werden können, gesetzlich wäre das sogar für fünf Jahre möglich gewesen. Man werde aber jedes Jahr neu entscheiden, kündigte Aufsichtsratschef Norbert Reithofer an. Für 2024 sei vorsorglich bereits die Olympiahalle gemietet worden, falls die Hauptversammlung doch wieder in Präsenz stattfindet.
ANDREAS HÖSS