Bahn: Auch die GDL will es „knallen“ lassen

von Redaktion

VON FABIAN NITSCHMANN UND DIRK WALTER

München/Berlin – Die Lokführer-Gewerkschaft GDL strebt für die im Herbst beginnenden Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn neben einer deutlichen Lohnerhöhung auch eine Arbeitszeitverkürzung an. Zu den Kernforderungen gehören eine „allgemeine Entgelterhöhung“ von 555 Euro, eine Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit um 25 Prozent sowie eine Senkung der wöchentlichen Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter ohne anteilige Lohnabsenkung.

Ebenso will die GDL eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro durchsetzen. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll maximal zwölf Monate betragen, wie die Gewerkschaft am Montag weiter mitteilte. Die Forderung der GDL mit ihrem gewohnt kampfeslustigen Bundesvorsitzenden Claus Weselsky platzt mitten in den laufenden Tarifkonflikt der Deutschen Bahn (DB) mit der weit größeren EVG.

Die mit der GDL konkurrierende EVG versucht seit Ende Februar, bei der Deutschen Bahn und Dutzenden weiteren Bahnunternehmen ein Gehaltsplus von 650 Euro pro Monat beziehungsweise 12 Prozent bei den oberen Lohngruppen auszuhandeln. Sie verhandelt dabei für rund 230 000 Beschäftigte, gut 180 000 davon arbeiten bei der Deutschen Bahn.

Der bundeseigene Konzern ist bisher bereit, Erhöhungen zwischen 8 und 12 Prozent (je nach Einkommensgruppe) in zwei Stufen zu zahlen, dazu 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie in ebenfalls zwei Schritten. Die Laufzeit ist noch unklar – zwischen 12 und 24 Monate. Zwischen der DB und der GDL gilt noch bis Ende Oktober eine Friedenspflicht. Dann könnten Warnstreiks drohen.

Untermauern will die GDL ihre Forderungen durch die Gründung einer Genossenschaft, der FairTrain e.G. Die Lokführer sollen bei ihren Arbeitgebern kündigen und in die Genossenschaft als Mitglieder eintreten. Die FairTrain würde dann als Personaldienstleister auf dem Wege der Arbeitnehmerüberlassung Lokführer an die einzelnen Bahnunternehmen wie DB Fernverkehr, Regio oder auch Go-Ahead und Transdev quasi ausleihen. Die Genossenschaft war als Geheimprojekt vom GDL-Vorstand monatelang vorbereitet worden, seit 2. Juni ist sie gegründet. Jetzt sollen – mit einem Anteil von 500 Euro – möglichst viele der 22 000 Lokführer in die Genossenschaft eintreten. „Wir versprechen kein Schlaraffenland“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky, aber „einen wertschätzenden Umgang, eine fairen Umgang“.

Auf dem Gewerkschaftstag gestern in Berlin gab es viele fragende Gesichter, als die Gründung vorgestellt wurde. „Das müssen wir erst einmal verdauen“, sagte ein Mitglied. Andere sehen die Genossenschafts-Gründung als Basis, um die durchaus saftigen Tarifforderungen im Herbst mit Durchschlagskraft zu vertreten. Die Idee: Wenn möglichst viele GDL-Mitglieder jetzt Genosse werden oder aber zumindest bei ihrem Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis verlangen und so ihre Wechselwilligkeit signalisieren, steigt der Druck. „Es wird knallen“, prophezeite ein GDL-Mitglied.

Die Bahn reagierte gestern reserviert auf den GDL-Vorstoß: „Wir haben die Forderungen der GDL zur Kenntnis genommen und werden diese zu gegebener Zeit prüfen und bewerten.“ Im Herbst werde dann mit der GDL über neue Tarifverträge für etwa 10 000 DB-Beschäftigte verhandelt.

Fragende Gesichter zur Genossenschaft

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