Stuttgart – Zu teuer, zu bonzig, zu laut: Wer sich an Porsche abarbeiten will, kann etliche solcher Punkte finden. Während etwa die meisten Autobauer ihre neuen vollelektrischen Modelle ins Schaufenster stellen, soll der 911er noch bis auf Weiteres mit einem Verbrennermotor röhren. Und komplett elektrisch bringt Porsche bislang nur ein Modell auf die Straße. Vom Zeitgeist lassen sich die Stuttgarter also offenbar nicht treiben. Und dennoch – oder gerade deswegen – ist Porsche 75 Jahre nach der Erstzulassung seines ersten Sportwagens so erfolgreich wie nie.
35 PS, knapp 600 Kilogramm Gewicht und eine Spitzengeschwindigkeit von 135 Kilometern pro Stunde: Was heute so gar nicht nach Sportwagen klingt, war 1948 eine kleine Technik-Revolution. Der Porsche 356 erinnert mit seinen runden Scheinwerfern und seiner schnittigen Form aber immerhin optisch an seine etlichen Nachfolger. Am 8. Juni 1948 erhielt der in Gmünd in Österreich gefertigte Ur-Porsche seine Erstzulassung – die Geburtsstunde des Porsche.
Seither hat sich viel getan: Rennsporterfolge, die Entwicklung des 911er im Jahr 1963 und Wachstum. Aber auch der drohende Niedergang der 90er-Jahre, mit dem heute meistverkauften Modell Cayenne die Flucht ins SUV-Segment und eine verlorene Übernahmeschlacht mit Volkswagen.
Was sich nicht verändert hat, ist die Porsche-Klientel, wie der Wirtschaftspsychologe Rüdiger Hossiep von der Universität Bochum beobachtet. Die beschreibt er so: „Porsche-Fahrer wollen ausstrahlen, dass sie solvent, sportlich und gut drauf sind. Für viele – gerade für Männer – ist es auch ein Jugendtraum.“
Mit der Einführung des einzigen vollelektrischen Modells Taycan seien auch neue Kundengruppen erschlossen worden, erklärt dazu Porsche. Konkret ist geplant, 2030 mehr als 80 Prozent der Neufahrzeuge vollelektrisch auszuliefern. Doch dieses Ziel ist 2022 in die Ferne gerückt: Weil deutlich weniger Taycan verkauft wurden, verringerte sich der reine E-Anteil von 13,7 Prozent auf 11 Prozent. Der Grund hierfür seien Versorgungsengpässe, heißt es vom Unternehmen.
Andererseits investiert Porsche in eine eigene Produktion von eFuels in Chile und setzt auf den potenziell klimafreundlichen Kraftstoff, um die große Bestandsflotte zu dekarbonisieren. Letztlich dürfte es dabei aber auch darum gehen, den Klassiker 911 weiter an den Mann und die Frau zu bringen. Denn eine vollelektrische Version des 911 soll es laut Unternehmen zumindest nach heutigem Stand nicht geben.
Die Batterien müssten deutlich leichter und kleiner werden, um das klassische Konzept eines 2+2-Sitzers mit dem Motor hinter der Hinterachse umzusetzen, erläutert eine Sprecherin. Man denke aber über eine sehr sportliche Hybridversion des 911 nach. „Der 911 wird noch so lange als Verbrenner zu kaufen sein, solange es genug Kunden gibt, und solange die Regularien es erlauben.“ Die Nachfrage sei ungebrochen hoch. DAVID HUTZLER UND ROBIN WILLE