Kleinstbetriebe zur Kasse gebeten

von Redaktion

München – Die Verbraucherzentralen schlagen Alarm: Ob Fußpflegerin, Friseur oder Kioskbesitzer – vielen Kleinselbstständigen, die nur geringe Einkünfte haben, flattern seit Jahresbeginn ungewöhnlich hohe Nachforderungen ihrer Krankenkasse für das Jahr 2019 ins Haus. Die Betroffenen, die alle freiwillig krankenversichert sind, sollen den Höchstbetrag von 900 Euro im Monat zahlen, weil sie den Steuerbescheid für 2019 nicht binnen der vorgegebenen Dreijahresfrist vorgelegt haben. Heißt: Die Kassen wollen bis zu 8000 Euro. Das ist oft mehr, als die Kleinunternehmer in dieser Zeit überhaupt verdient haben.

Wer jetzt denkt, dass dies im Nachhinein ja schnell aufgeklärt werden kann und dann die Kassen auf ihre Nachforderung verzichten, der irrt: Auch wenn die Betroffenen nachweisen können, dass ihr Verdienst gering war und Widerspruch einlegen – die Kassen bestehen auf ihrer Nachforderung.

Für Sascha Straub, Referatsleiter Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Bayern, ist das ein Unding: „Werden neue Tatsachen bekannt, muss eine falsche Entscheidung korrigiert werden. Im Sozialrecht sind richtige Entscheidungen wichtiger als Fristen.“ Das sehen die Krankenkassen anders. Und nicht nur die. Denn sowohl der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen, wie auch das Bundesamt für soziale Sicherung als Aufsichtsbehörde decken das Vorgehen der Kassen bisher.

Straub fordert deshalb die Politik auf, diese Ungerechtigkeit schnell durch eine gesetzliche Klarstellung zu beseitigen. Er geht davon aus, dass tausende Kleinstselbstständige ansonsten vor dem Ruin stehen. Klar könnten die auch klagen, aber bis zu einer letztinstanzlichen Entscheidung der Sozialgerichte würde viel Zeit vergehen – die viele Kleinstbetriebe nicht haben.  wdp

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