Reicht Wasserstoff für die Wärmewende?

von Redaktion

VON LANDO DEROUAUX UND CLADIA HORN

Berlin – Die Regierung hat ihren Streit um das Heizungsgesetz beigelegt und räumt unter anderem der Wasserstofftechnologie nun einen noch höheren Stellenwert ein. Dabei geht es um Heizanlagen, die grundsätzlich mit Wasserstoff betrieben werden können, sogenannte „H2-Ready-Heizungen“. Entsprechende Gasheizungen sollen künftig mit einem „H2-Ready-Label“ gekennzeichnet werden. Nach den ursprünglichen Gesetzesplänen müssen die Anlagen dann ab 2030 mindestens 50 Prozent und spätestens ab 2035 mindestens 65 Prozent klimaneutralen Wasserstoff verbrennen, was der Eigentümer nachweisen muss. Ob es im Laufe des Gesetzgebungsprozesses bei diesen Vorgaben bleibt, ist unklar.

Rein technisch ist das möglich: Wasserstoff als Gas hat andere Eigenschaften als klassisches Erdgas, kann jedoch ähnlich wie dieses als Brennstoff in Gasheizungsanlagen verwendet werden. Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie gibt zu bedenken, dass für das vollständige Umstellen einer Heizungsanlage Einstellungen am Gasbrenner verändert werden müssen. Technisch sei das möglich, in der Breite bei Bestandsheizungen aber sehr aufwendig. Zurzeit sind nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft noch keine reinen Wasserstoffheizungen auf dem Markt.

Der große Knackpunkt ist jedoch der Brennstoff: Dem Energieexperten Jan Rosenow vom Thinktank RAP zufolge hätte die globale Produktion von grünem Wasserstoff im Jahr 2021 gerade einmal für 0,2 Prozent des Energiebedarfs für Heizungswärme und Warmwasser gereicht. Ein Verbändebündnis aus Verbraucherschützern, Umweltorganisationen und Energieverbänden gibt ebenfalls zu bedenken, dass Wasserstoff „selbst im Zeithorizont nach 2030 ein knappes Gut bleibt und zu sehr hohen Preisen zur Verfügung stehen wird“. Das hat vor allem mit dem Effizienzgrad zu tun: Um ein Haus mit grünem Wasserstoff zu heizen, werde etwa fünfmal mehr Wind- oder Solarenergie benötigt als für das Heizen mit Wärmepumpe.

Gerald Linke vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW), hält dagegen: Das mittel- und langfristige Potenzial für Wasserstoff – sowohl heimisch erzeugt als auch aus EU- und Drittländern – sei groß und könne nach Studien des DVGW sogar den gesamten deutschen Primärenergiebedarf decken, allerdings frühestens ab 2030.

Das Verbändebündnis warnt derweil vor großen finanziellen Risiken für Verbraucher, weil neben den Heizgeräten auch die derzeit vorhandenen Leitungsnetze nicht für den Einsatz von Wasserstoff ausgelegt sind. Die Umrüstung weiter Teile der bestehenden Gasinfrastruktur auf die Durchleitung von Wasserstoff ist aber grundsätzlich möglich. Experte Fischedick geht davon aus, dass es bis 2035 ein „Kernnetz“ für Wasserstoff geben wird. Dieses würde allerdings nur Großverbraucher, etwa in der Industrie, beliefern. Eine Umstellung im engmaschigen Verteilernetz hält er dagegen für unwahrscheinlich. Auch Rosenow verweist auf mögliche Probleme: So könne Wasserstoff etwa ältere Rohre korrodieren und der Austausch von Zählern und anderen Komponenten hohe Kosten verursachen.

Fischedick räumt der Wasserstoff-Heizung „allenfalls eine Nischenfunktion“ ein. Effizienter seien die Wärmepumpe oder der Anschluss an ein Wärmenetz. Zudem sei Wasserstoff auf absehbare Zeit nur sehr begrenzt verfügbar. Der knappe Wasserstoff sollte daher besser in alternativlosen Bereichen verwendet werden, etwa in der Industrie. Wasserstoff für den Endverbraucher hält Fischedick höchstens in Stadtquartieren, die durch nahegelegene Industriestandorte ohnehin versorgt werden, für realistisch.

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