Briten erhöhen Zinsen: „Tickende Zeitbombe“

von Redaktion

VON BENEDIKT VON IMHOFF UND ALEXANDER STURM

London – Experten sprechen von einer „tickenden Zeitbombe“: Wegen rasant steigender Zinsen für Hypotheken müssen Immobilienbesitzer in Großbritannien unbezahlbare Kosten fürchten. Die Bank of England hat gestern ihren Leitzins deutlich von 4,5 auf 5,0 Prozent erhöht. Die 13. Anhebung in Folge sei unausweichlich, hatte der Ökonom Suren Thiru vom Institute of Chartered Accountants in England and Wales bereits zuvor mit Blick auf die hartnäckig hohe Inflation gesagt. Doch ein solcher Schritt bedeutet für Eigenheimbesitzer, die Hypotheken mit variablem Zinssatz bedienen müssen, höhere Zahlungen. In Großbritannien werden Immobilien meistens variabel finanziert. Hingegen sind in Deutschland Kredite mit zehn oder 15 Jahren Zinsbindung üblich.

Bereits jetzt liegt der Leitzins in Großbritannien auf dem höchsten Niveau seit der Finanzkrise 2008. Der Straffungsprozess von fast null Prozent Ende 2021 auf nun 5,0 Prozent ist einer der schärfsten, den die britische Wirtschaft je zu verkraften hatte. Hintergrund ist der starke Anstieg der Inflation, der vor allem auf den russischen Krieg gegen die Ukraine zurückgeht.

Ein Zinsanstieg hat Folgen. Die Hypothekenrückzahlungen für einen durchschnittlichen Haushalt, der eine Umschuldung vornimmt, würden um 2900 Pfund (3375 Euro) pro Jahr zulegen, rechnete die Denkfabrik Resolution Foundation vor. Die Erhöhung treffe bis 2026 etwa 7,5 Millionen Haushalte. Das Institute for Fiscal Studies (IFS) warnte, wegen Zinserhöhungen könnten 1,4 Millionen Hypothekeninhaber mindestens ein Fünftel ihres verfügbaren Einkommens verlieren. Eine YouGov-Umfrage für die Schuldenhilfe Stepchange ergab, dass schon jetzt fast die Hälfte der Hypothekeninhaber Probleme mit Kreditverpflichtungen und Rechnungen hat.

Die Zahl der Immobilienbesitzer, die eine Hypothek bedienen müssen, ist seit 1989 von 40 auf 30 Prozent gefallen. Ältere Menschen haben ihre Hypotheken abgezahlt. Zudem kaufen weniger Jüngere ein Eigenheim, hohe Kosten verwehren ihnen den Sprung auf die „Immobilien-Leiter“. Nach wie vor aber ist der Wunsch nach Eigentum unter Briten weit verbreitet. Gemietet wird in aller Regel nur für eine begrenzte Zahl von Jahren.

Von der Regierung dürfen Verbraucher aber keine Extra-Hilfe erwarten. Sunak räumte zwar ein, die Inflation setze vor allem Familien stark zu. Er habe aber bereits „entschieden“ gehandelt, sagte er mit Verweis auf bestehende Hilfen etwa bei Energierechnungen.

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